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Pipeline | Generalabrechnung mit der deutschen Russlandpolitik: „Das Versagen“

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15.12.2025

Wer eine knappe Zusammenfassung der deutschen Russlandpolitik etwa seit den 1980ern sucht, kann mit der Slawistin und Journalistin Katja Gloger auf das Prinzip der deutsch-russischen Energiepartnerschaft blicken. Die institutionalisierte ein Verhältnis, bei dem Russland billiges Gas für die angeblich weltmeisterliche Produktion deutscher Exportwaren lieferte. Das Verhältnis wuchs in eine einseitige Abhängigkeit: Kurz vor dem Angriff auf die ganze Ukraine 2022 sagte Wladimir Putin, er habe vor allem mit den Gaspipelines durch die Ostsee „den Westen gekauft“.

In dieser Partnerschaft gibt es klar definierte Bauwerke, wie etwa die Pipelines Nord Stream I und II und ihren administrativ-politischen Überbau. Es gibt Lobbyanstrengungen, Russlandtage, Handelskammer-Empfänge, populistische Interessen von Parteipolitikern. Es gibt sehr viel Geld.

Auffällig dabei, wie verlässlich Politiker die Interessen vor allem der deutschen Industrie vertraten. Ansonsten halfen verantwortliche Politiker und mindestens ein Generalinspekteur der Bundeswehr, die rücksichtslose Ausbeutung von Menschen und Umwelt mit allerlei selbstgefälligen Kultur-Bezügen aus der Großmachts-und-Kulturstaats-Kiste umkränzten.

Viele webten Argumente geschichtlicher Verantwortung ein und schauten dabei gern auf Umsatzzahlen. Das Ergebnis war eine immer kurzsichtigere politische Taktik, während Importe fossiler Energie ein kleptokratisches Regime, einen „Mafiastaat“ (Masha Gessen) nährten.

Ins Bild gehört auch, dass der Bundestag gleichzeitig immer mehr Kosten für die Verteidigung von Gesellschaft und Bündnissen in immer neuen Haushaltsgesetzen der „Schutzmacht USA“ überließ. Es war ein CSU-Politiker, der den Wehrdienst aussetzte, um Geld zu sparen. Gloger schaut nüchtern auf solche Zusammenhänge: „So zahlte sich die Friedensdividende aus“, schrieb sie im Schwarzbuch Putin.

Nun hat sie mit Georg Mascolo die deutsche Russlandpolitik nach der Wiedervereinigung auf knapp 500 Seiten durchleuchtet. Sie rücken knapp die Strategie Putins in den Blick, den Westen mit einer modernen Spielart des Kriegskapitalismus anzugreifen. Wer also in diesen struppigen Vorwintertagen eine ausgeprägte Depressionstoleranz hat, sollte unbedingt die faktensatte Generalabrechnung Das Versagen........

© der Freitag