Gesund genug im Alltag, zu krank für ein Eigenheim?
Mein Traum vom Eigenheim hielt bis zum Gespräch mit meinem Hausarzt. Es war keine neue unangenehme Diagnose. Der Typ-1-Diabetes stand seit beinahe 20 Jahren fest. Doch nun musste ich am eigenen Leib erfahren, was eine Stoffwechselkrankheit mit dem Kauf von Eigentum zu tun hat.
Doch der Reihe nach.
Das Eigenheim war ein lang gehegter Wunsch, den ich über Jahre, genaugenommen Jahrzehnte, generalstabsmäßig bis ins kleinste Detail geplant hatte: Budget, Haushaltskosten, mein Job: Alles war darauf ausgerichtet − und passte. Jetzt schien der Weg frei. Die Verträge lagen unterschriftsreif vor. Oder sagen wir: fast unterschriftsreif.
Das „fast“ sollte sich als Knackpunkt herausstellen.
Doch vorerst war in meinem Kopf alles schon Wirklichkeit. Der Banktermin verlief reibungslos: „Wir brauchen jetzt nur noch eine Lebensversicherung, die den Kredit im Fall eines Ablebens deckt“, erklärte der Berater. Kein Problem, dachte ich. Eine Formalität. Noch am nächsten Morgen kontaktierte ich die erste Versicherung.
Innenpolitik-Journalist Georg Renner über Österreichs Politiklandschaft.
Das Angebot kam prompt: rund 100 Euro monatlich. Absolut machbar. Im Anhang fand sich ein Gesundheitsfragebogen – mehrere Seiten lang. Ich war überrascht, aber noch sorglos. Ich war gesund, zumindest für mein Gefühl. Mein Diabetes spielte keine Rolle, den hatte ich schließlich sehr gut im Griff.
Mein Hausarzt indessen ließ mich hart auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen: „Verena, ich fülle dir das gern aus, aber es wird nichts bringen.“ Warum? „Du bist Typ-1-Diabetikerin. Keine Versicherung wird das Risiko eingehen.“ Risiko? Welches Risiko?
Das Risiko zu sterben?
Plötzlich war es da: das Gefühl, krank zu sein. Zum ersten Mal schien meine Diagnose mehr als ein medizinischer Begriff. Sie war ein Stempel, der mit einem Mal mein Leben bestimmte.
Sechs Versicherungen kontaktierte ich. Sechs Mal erhielt ich die gleichen, nahezu wortidentischen Ablehnungen. Keiner fragte nach meinen Blutwerten, nach meinem Lebensstil oder nach meiner stabilen Einstellung. „Typ-1-Diabetiker versichern wir nicht“, hieß es schon vorab. Punktum.
Womit mein Traum vom Eigentum auf einmal in weite Ferne rückte. Die ganze Planung schien an einem veralteten Bild von Diabetes zu scheitern, das von Unwissenheit geprägt war.
Ich konnte nicht fassen, wie wenig jahrelange Disziplin und aktives Leben zählten. Mein Diabetes war perfekt eingestellt im Zusammenspiel von modernster Technik,........
© Wiener Zeitung
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