Clowns sind sie, harmlos sind sie nicht
Der Stephansplatz füllt sich, immer mehr grell geschminkte Männer und halbnackte Frauen in Lederkostümen strömen von allen Seiten herbei. Es sind Demonstrant:innen, einige haben Transparente dabei. „Revolutionäre Kommunisten“, „Antifa“ und „Queerfeminist teachers“ steht darauf geschrieben. Durch die Menge bahnen sich geistliche Würdenträger mühsam ihren Weg vom Dom zum Pfarrhaus gegenüber. Es ist Sonntag, Mitte Juni, die Heilige Messe ist eben zu Ende gegangen, während sich ein buntes Völkchen vor dem Wiener Wahrzeichen versammelt hat, um am „Marsch für’n Arsch“ teilzunehmen. Es soll ein starkes, queeres Lebenszeichen gesetzt und gegen die „patriarchale Kleinfamilie“ sowie gegen die vermeintliche Kommerzialisierung und Trivialisierung der Pride-Parade protestiert werden.
Mit von der Partie ist ein Trupp „Rebel Clown*s“, geschminkte Aktivist:innen, die sich mit den Demonstrant:innen solidarisieren und mit Späßen und Klamauk ihre politische Message transportieren wollen. Vorerst einmal sind allerdings die Clowns die Genarrten, denn die eigentliche Zielscheibe ihrer Faxen, die in den sozialen Netzwerken angekündigte Demonstration konservativ-christlicher Gegner der Pride-Parade, findet nicht statt. Ein Clown hat extra ein großes Buch, eine „Enzyklopädie F“, mitgebracht, wo die erwarteten „rechten Fundamentalisten“ eigentlich ihre Meinung dazu hineinschreiben sollten, „was alles Familie sein kann“. Die Wertkonservativen sollten geärgert werden, doch die Seiten bleiben leer.
Dann setzt sich der „Marsch für’n Arsch“ in Bewegung. Mittlerweile sind es tausende Menschen und es geht den Graben entlang in Richtung Heldenplatz. Die Clowns, sieben Personen, gebärden sich tollpatschig, staunen Zaungäste der Parade an, schauen fragend und neugierig wie kleine Kinder. Sogar eine kleine Stehleiter haben sie dabei und eine unkostümierte und ungeschminkte Frau als Begleitperson, die eingreift, sollte es zu Aggression kommen, die Lage irgendwie außer Kontrolle geraten.
„Es geht darum, ein Ventil zu schaffen“, so die Begleitende, die ihren Namen nicht nennen will, zur WZ, „die Absurdität der gesellschaftlichen Verhältnisse darzustellen und Machtmissbrauch mit clownesken Mitteln offenzulegen.“ Die Clowns wollten durch ihr Tun „gesellschaftliche Schieflagen aufzeigen“. Das funktioniere umso besser, „weil der Clown ein Sympathieträger ist. Schon dadurch, dass er ja permanent scheitert“, weiß die Begleiterin. Und der Narr durfte den Mächtigen ja auch im Mittelalter ungestraft den Spiegel vorhalten.
Aber welche........
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