Rost in Space
Der Mars strahlt derzeit so klar wie ein Stern am Nachthimmel. Am 12. Jänner erreichte er mit nur 96 Millionen Kilometern seine größte Annäherung an die Erde. Das nächste Mal kommt er uns erst 2027 wieder nahe. Kein anderer Himmelskörper im Sonnensystem ist der Erde so ähnlich wie er. Der durch Eisenoxid gefärbte rostrote Planet übt daher eine besondere Faszination aus. Gab es auf dem Mars früher Leben, zumal dort auch Wasser floss? Wie ist der Rote Planet im Inneren aufgebaut? Zahlreiche Sonden haben ihn schon erreicht und Weltraumagenturen planen weitere Missionen, doch wann werden die ersten Menschen zum Mars fliegen?
Geht es nach dem US-Milliardär Elon Musk, könnten die ersten Astronaut:innen schon 2028 zum Mars starten. In den kommenden zwei Jahren wolle er fünf unbemannte Missionen zu unserem Nachbarplaneten durchführen. „Wenn sie alle sicher landen, sind bemannte Missionen in drei bis vier Jahren möglich”, verkündete er Ende Jänner auf seiner Plattform X.
US-Präsident Donald Trump sicherte dem SpaceX-Chef seine Unterstützung zu. Seine Regierung werde „ihr Schicksal zu den Sternen tragen“, hob er bei seinem Amtsantritt am 20. Jänner hervor. Musk gab seinerseits das Versprechen, Marsflüge für alle zu ermöglichen: „Wir wollen jeden, der ein Weltraumreisender sein will, befähigen, zum Mars zu reisen! Das heißt: du oder deine Familie oder Freunde − jeder, der von großen Abenteuern träumt!“ Irgendwann werde es Tausende Starships geben, die zum Roten Planeten fliegen.
Doch Flüge zum äußeren Nachbarplaneten der Erde sind nicht das Kinderspiel, an das die Worte des Milliardärs vielleicht glauben lassen. Die technischen Hürden sind gigantisch, die Reisedauer pro Flug beträgt mehr als ein halbes Jahr und auf dem Zielplaneten gibt es weder Sauerstoff noch frisches Wasser. Höchste Zeit also, die Vision „Flüge zum Mars für alle“ einem Plausibilitätscheck zu unterziehen. Die WZ hat nachgefragt, was zu einer Reise zu dem in seinem Orbit um die Sonne durchschnittlich 228 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Planeten alles dazugehört, und herausgefunden, dass sie eben keine Sache für alle wäre.
Es gibt derzeit kein Raumschiff, das Menschen bis zum Mars bringen könnte, und eine Rakete fehlt auch. „Elon Musks Starship ist im Prinzip eine große Transport-Rakete mit einem leeren Frachtraum, die bisher nur die Erdumlaufbahn erreicht hat. Aber von einem einsatzfähigen großen System, das für den Transport von Menschen zugelassen wäre, sind wir noch weit entfernt“, sagt Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz zur WZ.
Um in weiterer Folge auf dem Mars zu landen, sind Präzisions-Landesysteme erforderlich, die innerhalb von ein paar Kilometern einer Marsstation niedergehen können. Derzeitige Sonden landen in einem weitaus größeren Radius zu einem geplanten Punkt. „Zwar ist die für Präzisionslandungen benötigte Technik in Einzelkomponenten bereits vorhanden. Aber ich kann sie nicht auf einen Haufen schmeißen und sagen: Jetzt habe ich meine Mars-Mission“, erklärt Kargl. Der Beweis, dass alle Komponenten zuverlässig zusammenarbeiten können, sei noch zu erbringen.
Theoretisch gibt es sehr viele Flugbahnen zum Mars. Himmelsmechanisch tut sich ein günstiges Zeitfenster für den Start aber nur alle 26 Monate auf. Lediglich dann sind die relativen Positionen von Erde und Mars in ihren Umlaufbahnen so, dass eine energetisch günstige Reise unternommen werden kann. Andere Routen würden weitaus mehr Treibstoff erfordern, dessen Gewicht auf Kosten der Lebenserhaltungssysteme an Bord gehen würde.
Das Astronaut:innenteam wäre sieben bis neun Monate zum Mars und ebenso lang zurück zur Erde unterwegs. Die Rückreise ließe sich allerdings nicht sofort antreten. „Man müsste etwa ein Jahr in Marsnähe verbringen, bis die Konstellation es erlaubt, wieder zurückzufliegen“, erläutert Kargl. Somit wäre man etwa zweieinhalb Jahre unterwegs. „Das ist für Astronauten interplanetar eine sehr lange Zeit.“
Während des Flugs verbringt eine Besatzung von fünf bis acht Personen viele Monate in einer größeren Liftkabine, bevor sie auf dem Mars landet und sich an die Arbeit macht. Diese Art der Herausforderung kennt Anika Mehlis. Als Analog-Astronautin testet sie in einem Team des Österreichischen Weltraum Forums Marsreisen auf der Erde. Bei solchen Missionen werden in Wüstengebieten verschiedene Umstände, mit denen man bei einem Aufenthalt auf dem Roten Planeten zu rechnen hat, nachgestellt, um sich der echten Situation anzunähern und mögliche Gefahren- und Fehlerquellen auszumachen.
„Man muss seine Mitmenschen auf engstem Raum nicht nur aushalten, sondern auch konstruktiv mit ihnen zusammenarbeiten. Freilich hat jeder seine Routineaufgaben, die den Tag strukturieren. Aber sonst passiert nicht viel. Es gibt wenig Sinnesreize und kaum Raum für Bewegung“, berichtet Mehlis im Gespräch mit der WZ: „Im Raumschiff ist es daher relativ langweilig.“ Astronaut:innen lernen vor Reiseantritt in psychologischen Trainings, wie sie am besten damit umgehen können.
Die Auswirkungen langer Raumflüge wurden in dem Isolationsexperiment Mars-500 erforscht. Eine sechsköpfige Crew lebte von 3. Juni 2010 bis 4. November 2011 für 520 Tage in einem Komplex von vier Raummodulen, um einen Flug zum Roten Planeten zu simulieren, einschließlich dreier Ausstiege für die Landung auf dem Mars. Untersucht wurden die Auswirkungen der Langzeitisolation auf Körper und Geist.
Mit zunehmender Reisedauer wurden die Männer weniger aktiv. Auf der Rückfahrt verbrachten sie mehr Zeit im Bett als auf der Hinfahrt. Einer begann, in einem 25-Stunden-Tagesrhythmus zu leben, ein anderer schlief überdurchschnittlich viel, ein dritter litt unter chronischen Schlafstörungen, ein vierter unter Depressionen. Nur zwei der Männer sollen sich........
© Wiener Zeitung
