Ist Tyler Robinson wirklich ein Linker?
Utahs Gouverneur Spencer Cox hat mittlerweile mehrfach erklärt, der 22-jährige Tyler Robinson, der vergangene Woche mutmaßlich den Polit-Influencer Charlie Kirk erschoss, komme zwar aus einer konservativen Familie, aber es habe »in den vergangenen Jahren klar eine linke Ideologie gegeben«. Details über konkrete Hinweise auf diese »Ideologie« blieb Cox auf Nachfrage von Journalisten stets schuldig. In Wahrheit ist alles sehr viel weniger eindeutig.
Robinson ist Mormone. »Mein Sohn, sein Vater, ist ein Pro-Trump-Republikaner«, sagte Debbie Robinson , die Großmutter des mutmaßlichen Täters, der britischen »Daily Mail«. »Newsweek« bestätigte später , dass der Vater, der 48-jährige Matt Robinson, als Republikaner registriert ist. »Die meisten Mitglieder meiner Familie sind Republikaner. Ich kenne keinen einzigen, der ein Demokrat ist«, so die Großmutter weiter. Eine frühe, viel zitierte Behauptung eines angeblichen Schulkameraden von Robinson, dieser sei »links« gewesen, wurde kurz darauf vom britischen »Guardian« wegen unklarer Quellenlage zurückgezogen .
Christian Stöcker, Jahrgang 1973, ist Kognitionspsychologe und Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Dort verantwortet er den Studiengang Digitale Kommunikation und mehrere Forschungsprojekte über digitale Öffentlichkeit und Desinformation. Vorher leitete er das Ressort Netzwelt bei SPIEGEL ONLINE.
Tyler Robinson lebte jüngsten Angaben zufolge nach einem einzigen Semester am College wieder in seiner Heimatstadt im südlichen Utah und machte eine Ausbildung zum Elektriker . Er wohnte nicht mehr zu Hause, sondern mit einem »Mitbewohner« zusammen. Mittlerweile spricht Gouverneur Cox , ein Republikaner, von einem »romantischen« Partner Robinsons, der dabei sei, »vom männlichen in das weibliche Geschlecht überzugehen« (transitioning from male to female). Tyler Robinson war demnach mit einer trans Person liiert. Diese Person, so Cox, sei »schockiert« von Tyler Robinsons Tat und kooperiere vollumfänglich mit den Behörden.
(Lesen Sie hier mehr darüber, was über Tyler Robinson bekannt ist.)
Kirk hatte sich im Laufe seiner Karriere wieder und wieder äußerst abfällig über trans Menschen geäußert. Als der Schuss ihn traf, antwortete er gerade auf die Frage, ob er wisse, wie viele Massenmorde in den USA in den vergangenen Jahren von trans Personen begangen worden seien (»zu viele«). Es ist in Wahrheit ein winziger Prozentsatz , doch das Narrativ, trans Menschen seien potenzielle Massenmörder , ist bei amerikanischen Rechtsradikalen sehr populär.
Cox ist derzeit die einzige Primärquelle, die offen über den Täter und seine Motive spricht, und seine Meinung schien schon in der ersten Pressekonferenz zu dem........
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