Berlin, du bist mir fremd geworden
Berlin war für mich immer ein Symbol für Vielfalt und Weltoffenheit. Auch jüdisches Leben war hier sichtbar, wirkte lebendig. Und Israel war präsenter als in anderen Teilen Deutschlands. Viele Israelis hatten Berlin zu ihrer zweiten Heimat gemacht und prägten zahlreiche Stadtbezirke.
Ich erinnere mich noch gut, wie ich zum ersten Mal am Berliner Hauptbahnhof aus dem Zug stieg. Ich war 18, kam aus der Provinz und dachte: »Eines Tages werde ich diese Stadt mein Zuhause nennen.« Ich wollte hierbleiben, Wurzeln schlagen. Zehn Jahre lang lebte ich in Berlin und stellte meine Entscheidung nie in Frage.
Am 7. Oktober 2023 änderte sich alles. Heute fällt es mir schwer, das zu sagen, aber ich fürchte, Berlin wird sich nie mehr so anfühlen wie früher.
Schon am 7. Oktober 2023, zu einem Zeitpunkt, als noch gar nicht klar war, wie viele unschuldige Menschen in Israel den bestialischen Massakern der Hamas zum Opfer gefallen waren, begannen in einigen Berliner Vierteln Kundgebungen, auf denen der Terrorangriff als Akt des Freiheitskampfes gefeiert wurde. Als die Häuser in den Kibbuzim noch brannten, wurden in Berlin Süßigkeiten verteilt. Es wurde »Tod den Zionisten« und »Tod Israel« gerufen.
In Neukölln saßen Menschen in den Cafés und jubelten über die Taten der Hamas, die schnell auf Videos verbreitet wurden. Es war der Beginn einer neuen, aggressiven Form des israelbezogenen Antisemitismus, der in Berlin bis heute in unverminderter Stärke anhält.
In den letzten Monaten habe ich Demonstrationszüge am Alexanderplatz, in Charlottenburg, in Mitte, in Wedding und in Neukölln begleitet. Jedes Mal, wenn ich mich diesen sogenannten pro-palästinensischen Kundgebungen nähere, zieht sich etwas in mir zusammen. Instinktiv verberge ich meinen Davidstern unter meiner Jacke. Es ist eine Geste, die mittlerweile reflexartig geworden ist.
Ich tue das nicht aus Scham, sondern aus Selbstschutz. Es ist nicht nur die........
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