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Gesund sterben wollen wir alle, oder …

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… ich laufe, also bin ich noch … Mit 60 geht man nicht mehr ins Fitnessstudio, um gut auszusehen. Man geht hin, um den eigenen Körper beim Altern auszutricksen. Eine Kolumne über Pfunde, die partout nicht abschmelzen, knirschende Gelenke und den Versuch, trotzdem nicht aufzugeben. Vom Fitness-Junkie Henning Hirsch.

„Du gehst doch jeden Tag ins Fitnessstudio“, sagt die alte Schulfreundin, und es klingt leicht vorwurfsvoll, wie sie das sagt.
„Nur 5x/Woche“, antworte ich.
„Das ist 5x mehr als ich und die meisten meiner Freundinnen.“
„Nicht mein Problem.“
„Was machst du da so oft? Läufst du vor dem Tod davon? Denn dass du in deinem fortgeschrittenen Alter attraktiver wirst, glaubst du doch nicht wirklich?“
„Ich mach’s, weil ich es halt mache.“
„Na, das ist ja mal wieder eine superschlaue Antwort … aber weißt du was: Du könntest darüber einen Ratgeber schreiben.“
„Einen Ratgeber?“
„Genau: einen Ratgeber. Tenor: Warum ich 5x/Woche zum Training gehe, wissend, dass es wenig bringt, weil mein Körper seine beste Zeit definitiv hinter sich hat. Welches tiefere Geheimnis verbirgt sich hinter dem Fitnesswahn von Rentnern?“
„Ich bin kein Rentner!!!“
„Aber bald … so ein ü60-Ratgeber wäre sicher ein Verkaufsschlager. Fang klein an mit 1 Kolumne. Damit beschäftigst du dich doch gerne, wenn du ausnahmsweise mal nicht an der Klimmzugstange hängst.“
„Ich überleg’s mir.“
„Aber überlege nicht zu lange; denn eines nicht fernen Tages fällst du tot vom Laufband. Und vorher solltest du auf jeden Fall das Manuskript fertiggestellt haben.“

Okay, hier der erste Versuch – mit Betonung auf der Vergeblichkeit des (Training-) Tuns, so wie es die alte Schulfreundin gerne hören bzw. lesen möchte:

Mit 60 geht man nicht mehr ins Fitnessstudio, man entschuldigt sich: für den Zustand des Körpers, für die seufzenden Geräusche, die einem auf der Hantelbank (oral!) entfahren, für die langsame Fortbewegung zwischen den Geräten. Man ist nicht Kunde, man ist Mahnmal. Ein lebender Beweis dafür, dass Zeit keine Gnade kennt und dass gute Vorsätze irgendwann aussehen wie orthopädische Maßnahmen. Man kommt nicht, um etwas zu werden, sondern um........

© Die Kolumnisten