Literarisch | Von Trumps Psyche zu Rechten in Ost wie West: Zehn neue Bücher von „Freitag“-Autor:innen
Soll ich meinem Kind bei den Hausaufgaben helfen? Eine einfache Alltagsfrage, die die meisten von uns wohl kaum als große politische Entscheidung einordnen würden. Dabei ist klar: Wenn wir die Zeit dafür haben, also eher nicht in Schichtarbeit stecken, und sollten wir den Kopf auch dann noch dafür haben, wenn es um Vektorrechnung geht, dann sind wir vermutlich privilegiert. Und geben unser Privileg mit der kleinen Hilfe für die Kleinen weiter – was viele andere Mütter oder Väter nicht können. Wir verschärfen also soziale Ungleichheit (→ Theorie). Wollen wir das? Mareice Kaiser, die für den Freitag regelmäßig aus der Arbeitswelt schreibt, stellt in ihrem neuen Buch viele solcher politischer Alltagsfragen, aber keine Sorge: Schulmeistern oder Moralkeulen finden sich darin nicht, nur lustige und ernste Fragen, sanftes und witziges Nachdenken, und die einzige immer richtige Antwort findet sich im Titel: Ich weiß es doch auch nicht. 101 entlastende Antworten auf existenzielle Fragen (Penguin). Elsa Koester
Der Optimismus des Willens mag hoffen, dass die faschisierende Politik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump nur eine kurzzeitige Ausnahmeerscheinung ist. Der Pessimismus der Vernunft – und Georg Seeßlen kann hier getrost als dessen Sprachrohr gelten – sieht das anders. Deshalb ist Trump & Co. Der un/aufhaltsame Weg des Westens in die Anti-Demokratie (Bertz und Fischer) auch keine beruhigende Lektüre. Denn Seeßlen geht nicht davon aus, dass die amerikanische Politik und Gesellschaft nach der vorübergehenden Verirrung von Trumps zweiter Amtszeit wieder zur good old Demokratie zurückkehren werden, so wie sie vorher war. Nein, Seeßlen denkt darüber nach (auch wenn er wohl selber hofft, er möge sich irren), „was uns nach dem Ende der Demokratie bevorsteht und wie der Übergang vor sich geht“. Luzide wie immer. Pepe Egger
Aphorismen schreiben kann er. „Normal ist, dass die Oberfläche die Normalität verbirgt, die ihre Gestaltung bestimmt.“ Michael Andricks Anfang Mai erscheinendes Buch Ich bin nicht dabei. Denk-Zettel für einen freien Geist (Karl Alber Verlag) bringt einige solcher Gedankenpirouetten. Für den Philosophen Andrick ist das Misstrauen in das, was andere für normal halten, konstitutiv. Politisiert wurde er durch die Pandemie. Hier beobachtete er, wie Menschen mit abweichender Meinung nicht........
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