menu_open Columnists
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close

Wie Versicherungen mit Vorerkrankungen umgehen

8 0
16.04.2025

Versicherungen greifen ein, wenn wir es aufgrund eines Problems, eines Schadensfalles allein nicht mehr schaffen. Krankenversicherungen sichern medizinische Versorgung, ohne dass man zwischen Therapie und Kontostand abwägen muss. Lebensversicherungen halten Familien den Rücken frei, wenn der schlimmste Fall eintritt. Sie versprechen: Wir sind da, wenn alles kippt.

Nur: Für Menschen wie mich gilt dieses Versprechen nicht.

Denn ich bin chronisch krank. Und damit raus. Nicht offiziell, aber faktisch. Viele Versicherungen winken ab, sobald das Wort „Vorerkrankung“ fällt. Oder sie bieten Tarife an, die nicht bezahlbar sind. Die Botschaft ist klar: Für dich lohnt sich das Risiko nicht.

Es geht nicht um Luxus oder Komfort. Es geht um die Absicherung eines Lebens, das ohnehin schon komplizierter ist als das der meisten. Es geht um gleiche Rechte – gerade in den Momenten, in denen der schnöde Mammon hilft.

Der Newsletter mit den guten Nachrichten: Kleine Geschichten über Fortschritte und Erfolg.

Kannst du dich erinnern? Erst kürzlich fasste ich in meinem Artikel „Gesund genug im Alltag, zu krank für ein Eigenheim?“ meine Erlebnisse mit privaten Versicherungen zusammen: Ich habe mein Leben mit Typ-1-Diabetes im Griff. Mein Blutzucker ist stabil, mein Alltag sportlich, mein Job fordernd – kurz: Ich funktioniere tadellos. Versicherungen sehen das anders. Sechs Absagen für eine Lebensversicherung später wusste ich: Mein Problem ist nicht mein Gesundheitszustand – es ist mein ICD-Code. Jener Code, der meine Erkrankung weltweit als Diabetes mellitus Typ 1 diagnostiziert. Krankenzusatzversicherungen? Gibt’s – nur halt nicht für mich. Zu teuer, zu riskant. Mein Lebensstil, mein Bewegungspensum, mein technisches Diabetesmanagement? Nett, aber irrelevant.

Entscheidend ist offenbar: Ich bin ein Fall. Kein Einzelfall, wohlgemerkt – aber einer, der ins Raster passt. Die Leser:innenreaktionen auf meinen Artikel waren zahlreich. Sie schrieben, dass sie erst beim Lesen realisierten, wie stark ihre Erkrankung ihren Alltag beeinflusst – nicht medizinisch, sondern strukturell. Wer mit einer chronischen Diagnose lebt, muss nicht nur die Krankheit managen, sondern auch ihre Nebenwirkungen im System: Hürden, Ausschlüsse, Absagen.

Aber wie ticken Versicherungen? Wie funktioniert das Versicherungswesen generell?

Versicherungen sehen nicht den Menschen, sondern das Risiko. Und wer als Risiko gilt, zahlt – oder fliegt raus. „Es gibt keine fixen Ausschlusslisten, aber bei chronischen Erkrankungen wird es schwierig“, sagt die Vermögensberaterin und Versicherungsmaklerin Sonja Ebhart-Pfeiffer im Gespräch mit der WZ. Psychische Erkrankungen seien besonders problematisch, ebenso Autoimmunerkrankungen: „Gerade Personen mit psychischen oder Menschen mit chronischen Vorerkrankungen bekommen kaum oder nur sehr schwer eine Zusatz- oder Berufsunfähigkeitsversicherung.“

Auch Gesundheitsökonom Thomas Czypionka bestätigt das gegenüber der WZ: „Die Versicherungen sind privat, sie haben ihre Regeln, und wenn das Risiko zu groß ist, lehnen sie ab. Da kann man als Individuum nicht viel machen.“

Der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) betont, dass Versicherungen im Privatbereich nicht verpflichtet sind, Verträge abzuschließen – und dass sie laut Gesetz das Risiko individuell bewerten müssen. „Personen mit höheren Risiken zahlen in der Regel höhere Prämien, da ihr Risiko für die Versichertengemeinschaft teurer ist“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme auf meine Anfrage. Die Differenzierung sei notwendig, um das sogenannte Äquivalenzprinzip einzuhalten: Gleiches gleich, Ungleiches ungleich behandeln. „Der Risikoausgleich im Kollektiv ist irgendwann nicht mehr möglich.“

Czypionka bringt es auf den Punkt: „Risikolebensversicherungen sind problematisch. Da wird oft abgelehnt, wenn Vorerkrankungen vorliegen – und damit sind viele de facto vom Zugang zu Eigentum ausgeschlossen.“

Auch Ebhart-Pfeiffer kennt Fälle aus der Praxis: „Ich hatte einen Fall, da hätte die Zusatzversicherung........

© Wiener Zeitung