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Freiraum St. Marx: Kampfloser Untergang „ist keine Option“

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17.05.2025

„Es fühlt sich an wie in einer Anarchie-Republik“, sagt ein hagerer junger Mann mit Kajal um die Augen. „Ein Gegenpol zur Welt da draußen. Es achtet jeder auf den anderen, hier ist es hierarchiefrei, hier kannst du machen, was du willst.“

„Hier“: Das ist ein verwinkeltes Grundstück neben der Rinderhalle St. Marx, wo 2030 eine riesige Eventarena stehen soll. Noch ist es ein umzäuntes Biotop und von außen kaum wahrnehmbar. Über die Jahre sind ein Urban-Gardening-Projekt, ein Skatepark, selbstgebaute Holzhütten, ein betonierter Basketballplatz und ein Flohmarkt entstanden. Hier befindet sich der Kulturverein „R:Journey“, Kreative brennen in der Mitte des Areals Gegenstände aus Keramik. Das Gelände wird – wenn es nach Plan läuft – spätestens in drei Jahren von Baumaschinen plattgewalzt. Dann steht auf der Fläche eine Halle, in der Konzerte, Ausstellungen und Veranstaltungen aller Art stattfinden sollen.

Nicht, wenn es nach dem hageren Mann mit dem Lidstrich – er stellt sich als Student auf der Angewandten vor – geht. Die Eventhalle hält er für komplett unnötig, „da profitieren nur große Bands und die Tickets sind zu teuer, als dass ich sie mir leisten könnte“. Er will Widerstand leisten und glaubt, dass es eine Chance auf Erfolg gibt. „Wenn genug Unterstützung aus der Gesellschaft kommt, können wir die Sache noch drehen.“

Er ist mit seinem Kampfgeist nicht allein. Längst hat sich die Bewegung „St. Marx für alle“ zusammengefunden, eine Initiative von Aktivist:innen und Nachbar:innen, die die Freifläche laut selbstverfasster Proklamation als „Ort der Begegnung“, als „kostenfreies städteplanerisches Experimentierfeld“ erhalten will. Die Uhr tickt, der Baubeginn könnte schon 2027 sein. Noch duldet die für die Verwaltung des Grundstücks zuständige Wien Holding die Projekte auf dem Gelände mehr oder weniger wohlwollend. Aber es gibt ein Ablaufdatum.

Direkt neben dem mit einer Holztüre verschlossenen Eingang zum Gelände sitzt ein bulliger Mann mit Bart. Er stellt sich als „Shorty“ vor, „Obmann von R:Journey“, einem Verein, der hier die verschiedensten Events veranstaltet. Konzerte, Lesungen, Quiz-Veranstaltungen. „Ein kleiner Central-Park ist das hier“, sagt Shorty, eine „Perle“. Und: „kampflos untergehen“ ist für ihn „keine Option“. Er will erreichen, dass möglichst viele Privatpersonen mobilgemacht werden und gegen das Großprojekt der Stadt Wien protestieren.........

© Wiener Zeitung