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„Doppelt so viele Frauen- wie Männerklos nötig“

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19.06.2025

Die Sonne scheint auf die Wiese im Auer-Welsbach-Park im 15. Bezirk. Zwei junge Frauen haben es sich auf dem Gras gemütlich gemacht. Ein perfekter Tag – bis die eine plötzlich zum Aufbruch drängt, weil sie offenbar aufs Klo muss. Die öffentliche Toilettenanlage gleich in Sichtweite lassen die beiden aber links liegen und gehen unbeirrt weiter in Richtung Linke Wienzeile, vermutlich nach Hause, wie Gesprächsfetzen zu entnehmen ist. Warum, zeigt sich bei näherer Betrachtung der Bedürfnisanstalt: Es handelt sich um ein reines Männerpissoir, für die junge Frau also völlig unbrauchbar.

Als Mann wäre selbst das Fehlen eines Stehklos kein gröberes Problem, auch wenn es eine Anstandsverletzung darstellt und eine Geldbuße nach sich ziehen könnte: kurz zu einem der vielen Bäume stellen, Hosenschlitz auf, kurzes Wasserlassen, abschütteln, Hosenschlitz zu – fertig, keiner hat’s mitbekommen (über das Händewaschen schweigen wir an dieser Stelle). Aber als Frau? Sie müsste sich in aller Öffentlichkeit hinhocken und die Hose samt Unterhose herunterziehen. Die Angst vor Catcalling (übergriffigen und sexuell aufgeladenen Bemerkungen) durch männliche Passanten – oder noch Schlimmerem – schwingt da immer mit. Alles in allem entwürdigend.

Situationen wie diese illustrieren, dass Geschlechterungerechtigkeit selbst in banal erscheinenden Bereichen existiert. Und es sind nicht nur die Toiletten in einem Wiener Park. Die Ungleichheit zieht sich durch das gesamte Sanitärwesen, egal ob in Konzerthallen, an Ausflugs-Hotspots, bei der Vienna Pride und........

© Wiener Zeitung