Den USA steht ein Sommer des Ungehorsams bevor
Loyalität zu Präsident Donald Trump steht in den USA an erster Stelle. Wer das Märchen vom gestohlenen Wahlsieg 2021 nicht teilt, wird entsorgt. Täglich hagelt es neue präsidiale Anordnungen, Vorschläge, weitreichende Maßnahmen, egal, ob die rechtlich überhaupt zulässig und mit der Verfassung in Einklang zu bringen sind. Dazu noch jede Menge neue Direktiven aus den Ministerien, die alles über den Haufen werfen, was vorher gegolten hatte. Über Folgen, Auswirkungen und Reaktionen macht sich im Trump-Lager offenbar kaum jemand Gedanken. Der Staatsapparat wird im Galoppschritt auf Linie gebracht. Ein geordneter Plan ist dabei nicht in Sicht.
Die Maßnahmen von Trump dringen in alle Bereiche vor, er will auch die Kontrolle über die Kunst- und Kulturszene übernehmen. Alles im Geist seines ausgerufenen Kampfes gegen „woke“ und unamerikanische Tendenzen in der Gesellschaft.
So ließ Präsident Donald Trump die gesamte Führungsebene des „John F. Kennedy Center for the Performing Arts“ in Washington DC austauschen und ernannte sich selbst zum Vorsitzenden. Das Center, über Jahrzehnte eine überparteiliche Bastion des kulturellen Reichtums der USA, war schon lang etlichen Republikanern und vor allem Trump ein Dorn im Auge. Denn dort wurde all das gefeiert, was für ein offenes und modernes Amerika steht und so gar nicht in das „MAGA“- und „America-First“-Bild von Trump passt, nämlich „Diversity, Equality, Inclusion“. Diversität, Gleichheit, Inklusion.
Der Aufschrei war groß und laut. Zahlreiche Musiker:innen sagten ihre geplanten Auftritte im Kennedy Center umgehend ab. Jacob Stensberg ist künstlerischer Leiter des US-weit bekannten „San Francisco Gay Men’s Chorus“, der in der Vergangenheit auch schon im Kennedy Center aufgetreten ist. Für ihn war das Center immer ein „Sinnbild für Kunst und Kultur. Für die Vielfalt im Land“. Und er ergänzt im Gespräch mit der WZ: „Zu sehen, wie es nun zerfällt und fast zu einem Propagandainstrument wird, ist wirklich herzzerreißend und entmutigend, wenn man das in Echtzeit miterlebt.“
Doch damit nicht genug. Umgehend ließ die Trump-Administration alle Zuschüsse durch die „National Endowment for the Arts“ und die „National Endowment for the Humanities“, staatliche Fördertöpfe in den USA für Kunst und Kultur und für Geisteswissenschaften, darunter Geschichte, Sprache, Philosophie und Literatur, stoppen. All das, was die Vielfalt und den kulturellen Reichtum der Vereinigten Staaten ausmacht. Trump legte darüber hinaus fest, dass fortan schwerpunktmäßig nur noch patriotische Projekte im Hinblick auf den 250. Geburtstag der USA gefördert werden sollten. Für den Gay-Chor aus San Francisco bedeutet das einen finanziellen Verlust in sechsstelliger Höhe.
An der 16. Straße in San Francisco liegt „The Lab“, ein seit Mitte der 1980er-Jahre existierender Auftrittsort für experimentelle Musik und Performance. Mit einem Budget von etwas unter einer Million Dollar im Jahr werden etwa 150 Künstler:innen unterstützt. „The Lab“ erhielt eine finanzielle Teilförderung durch die „National Endowment for the Arts“ – bis jetzt. Auch hier werden die Kürzungen deutlich zu spüren sein, meint Executive Director Andrew Smith. Bis zu 30 Prozent des Budgets sind in Gefahr. Smith glaubt, dass Einrichtungen wie „The Lab“ in San Francisco diese finanziellen Einschnitte in naher Zukunft ausgleichen können, aber „ich denke, die Auswirkungen werden sich vor allem außerhalb der Großstädte bemerkbar machen. Eben im Heartland Amerikas, da, wo solche Förderungen für Museen, Galerien, Theater, Ausstellungen, kulturelle Events lebenswichtig sind.“
Selbst die Digitalisierung von alten Tonaufnahmen aus den 1920er- und 1930er-Jahren in einem der bedeutendsten Klangarchive in den USA an der UC Santa Barbara, gefördert durch Mittel der „National Endowment for the........
© Wiener Zeitung
