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Wie es zur Katastrophe von Srebrenica kam

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Am 11. Juli gedachte die Weltgemeinschaft zum 30. Mal an den serbischen Völkermord an 8372 Bosniaken im Jahre 1995. Dass dieses Menschheitsverbrechen erstmals offiziell durch die Vereinten Nationen (UN) gewürdigt wurde, ist Deutschland und Ruanda zu verdanken, die die Resolution der UN-Generalversammlung initiierten.

Vor dem Menschenrechtsausschuss sagte der Verfasser dieses Textes am 10. Juli dieses Jahres zur »internationalen Dimension« im Kontext der UN-»Schutzzone« auf Einladung durch die Abgeordneten Michael Brand (CDU) und Adis Ahmetovic (SPD), der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Serap Güler (CDU) und der Gesellschaft für bedrohte Völker aus.

Nedžad Avdić, der als damals 17jähriger bei einer Massenexekution dreifach angeschossen wurde und den Völkermord als einer der wenigen überlebte, weil er sich tot stellte, gab den Botschaftern und Bundestagsmitgliedern eindrucksvoll-erschütternde Einblicke in seine persönliche Tortur.

Tags darauf debattierte der Bundestag erstmals über den Völkermord von Srebrenica und ehrte die Opfer in Anwesenheit zweier Überlebender. Dass mehrere AfD-Abgeordnete mehrfach den Genozid leugneten, ihn als »Vogelschiss der Balkan-Geschichte« abzutun versuchten, wie es der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gunther Krichbaum (CDU), in Anlehnung an eine Aussage des AfD-Politikers Alexander Gauland ausdrückte, war ein ethisch-moralischer Tiefpunkt des deutschen Parlamentarismus.

Glücklicherweise fanden alle anderen, zahlreichen Rednerinnen und Redner, die richtigen Worte. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wies den AfD-Abgeordneten Martin Sichert, der Srebrenica für parteipolitische Winkelzüge übel missbrauchte, berechtigterweise harsch zu Recht. Außenminister Johann Wadephul intervenierte, was sehr selten vorkommt, und entschuldigte sich bei den Opfern und dem bosnischen Botschafter Damir Arnaut für die Verbalentgleisungen der AfD.

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In der medialen Berichterstattung spiegelte sich wider, wie wenig vom Genozid hierzulande bekannt ist und wie falsch dieser teilweise dargestellt wird, so zum Beispiel die Annahme, es habe sich hier um ein »Massaker« gehandelt.

Nein, der monatelang bis ins Detail geplante und dann exakt ausgeführte erste Genozid in Europa nach der Schoa war mitnichten ein spontanes »Massaker« sondern bestand aus Dutzenden Massakern und Massenexekutionen, die sich über einen Zeitraum von mindestens einer ganzen Woche hinzogen. Oftmals wurden die Opfer vorab grausam gefoltert, viele Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt.

All dies kann in den Gerichtsdokumenten des UN-Kriegsverbrechertribunals online auf tausenden Seiten nachgelesen werden. Anklagen und Verurteilungen wegen des........

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