In der Rolle aufgehen
Fragt man uns nach unserem Selbstverständnis, dann kann ich sagen: Mein Mann und ich sind fast rund um die Uhr Rabbiner und Rebbetzin. Ich kann mir das gar nicht anders vorstellen. Regelmäßig laden wir Mitglieder der Gemeinde in Stuttgart, wo wir seit 2019 leben, zu uns nach Hause ein. Der Rabbiner gibt Unterricht, und ich kümmere mich um die kulinarische Stärkung. Die Termine für diese Einladungen finden sich immer in der Gemeindezeitung.
Bekanntermaßen ist es ein Gebot im Judentum, dass sich die Generationen gegenseitig mit Respekt begegnen. Deshalb haben wir in unserer Gemeinde einen großen Seniorenklub. Uns ist es wichtig, dass alle Generationen in der Gemeinde miteinander in Kontakt kommen, unsere Schulkinder von den älteren Gemeindemitgliedern lernen können. Die Jugendlichen nehmen ebenfalls an Projekten mit der Religionsschule teil. Der Rabbiner ist auch deshalb oft dort zu sehen.
Im Jugendzentrum werden außerdem Madrichim im Umgang mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen ausgebildet. Unsere jüdische Grundschule soll ebenfalls für Kinder mit Inklusionsbedarf geöffnet werden, weshalb es bereits eine Inklusionskommission gibt. An deren Arbeit bin ich auch aktiv beteiligt. Und ein besonderes Highlight in unserer Gemeinde sind die Baby-Boxen, die bei den Eltern sehr gut ankommen. Sie enthalten neben nützlichen Dingen wie Pflegecremes auch ein T-Shirt mit dem Namen des Neugeborenen. Auf einer beiliegenden Karte wird darauf hingewiesen, wann Bar- oder Batmizwa sein könnte.
Ich wurde in Russland geboren, bin aber in der Ukraine aufgewachsen, in Dnipro. Oberrabbiner Kamenezky war mein Rabbiner. Als Kind ging ich oft in die Synagoge und besuchte das Jugendzentrum. Außerdem habe ich dort bis zu meiner Alija im Alter von 18 Jahren das Pädagogische Frauen-College »Bet-Hanna« besucht. Die Alija war ein großer Schritt zu meiner Selbstständigkeit und bis dahin der wohl wichtigste Abschnitt in........
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