Letzte Klausur, dann Party am Goldstrand
Das Foyer der Onkologiestation füllt sich mit jungen Menschen in grünen und blauen Anzügen, bis es so voll ist wie eine U-Bahn zur Rushhour. Chiara Kölblin und ein paar ihrer Kommiliton:innen sind in ihren Großstadtoutfits gekommen – Batikshirts oder Flatterhosen. Medizinische Kleidung ist für die „Onko“-Prüfung nicht zwingend. Sie quetschen sich auf zwei Sofas mit aufgeplatzten Nähten und fächeln sich Luft zu. Es ist Hochsommer in der bulgarischen Hafenstadt Varna, und die letzte Prüfung des Semesters steht an. Doch die Freude auf den Abend am Goldstrand überlagert die Prüfungsnervosität. „Kommst du mit an den Goldi?“, wird jeder gefragt, der in den Raum kommt. Am Goldstrand soll später die große Abschlussparty stattfinden. Danach geht es für die meisten Studierenden des fünften Jahres zurück nach Deutschland.
Die Gruppe gehört zu den mehr als 500 deutschen Medizinstudierenden, die in der bulgarischen Hafenstadt Varna Humanmedizin studieren. Die meisten hier eint eines: Ihre Abiturnote hat nicht ausgereicht, um in Deutschland an einen Platz für ein Medizin-Studium an einer staatlichen Uni zu bekommen. Denn der Numerus Clausus liegt im Großteil der Bundesländer bei 1,0 und ist in der Regel das Hauptauswahlkriterium. Ein Notenschnitt, der selbst für fleißige Schüler:innen schwer erreichbar ist.
Dabei fehlen in Deutschland Mediziner:innen. Um das jetzige Niveau an medizinischer Versorgung aufrechtzuerhalten, bräuchte es bis 2040 rund 50.000 zusätzliche Ärzt:innen. Das hat das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung (Zi) berechnet. Die Bevölkerung wird immer älter, zugleich arbeiten immer mehr Ärzt:innen in Teilzeit oder gehen in den Ruhestand. Und: In den vergangenen Jahren wurden zu wenig Fachkräfte ausgebildet.
Für Kinder aus Nicht-Akademikerhaushalten sind die Hürden für ein Medizinstudium in Deutschland besonders hoch. Bei Medizinstudierenden haben im Vergleich zu anderen Studienfächern........
© Fluter
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