Essay | Die fünfte Welle: Feminismus wird zur globalen Demokratiebewegung
Die iranische Frauenrechtlerin Masih Alinejad ist da ganz eindeutig: „Nicht Opfer, Kriegerinnen. Das sind Frauen heute“. Es ist genau der Satz, mit dem dieser Artikel beginnen muss. Markiert er doch, wo Frauen heute stehen.
Einerseits sehen sie sich einem neuen Ausmaß an Verachtung, Hass und Marginalisierung ausgesetzt, das bei den Gesetzen der Taliban beginnt, über einen amerikanischen Präsidenten Donald Trump führt, der verurteilter Sexualstraftäter ist und doch wiedergewählt wurde, aber eben auch bei einem deutschen Kanzler Friedrich Merz (CDU) endet, der seine Schlüsselpositionen zwar allein mit Männern besetzt, aber trotzdem an die Kompetenz von Frauen glaubt, denn er habe „ja selber eine und auch mehrere Töchter.“ Andererseits waren Frauen aber wohl auch noch nie so gut ausgestattet, um sich all dem zur Wehr zu setzen.
Während Autokratien auf dem Vormarsch sind, Demokratien unterwandert und ausgehöhlt werden, politische Errungenschaften für Frauen plötzlich wieder auf dem Spiel stehen, sind es aktuell gerade Frauen, die politische Bewegungen anführen, um freiheitliche Werte zu verteidigen. Im Iran rufen die Frauen bei ihren Protesten „Frau, Leben, Freiheit“. In Belarus „Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit“. Im Sudan formen die Mitglieder der „Sudanese Feminist Sisterhood“ die Finger zum Victory-Zeichen. Das Victory-Zeichen, das Herz und die zum Widerstand in die Luft gereckte Faust sind wiederum das Triptychon der Revolution in Belarus. Sudan 2018, Belarus 2020, Iran 2022, und 2023 dann Polen — vier von Frauen geführte Demokratiebewegungen in nur fünf Jahren.
Dass es sich so anfühlt, als seien diese Protestbewegungen schon lange her, liegt am Zustand der Welt, der Situation, in der genau diese Regionen nun sind. Gerade der Iran zeigt, was möglich gewesen wäre, hätte man auf........
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