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Ausstellung | Wie eine Linie ihre Waffe wurde: Das Werk der Künstlerin Lotty Rosenfeld in Lübeck

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Als die Stadtreinigung Lotty Rosenfelds Arbeit noch vor der Eröffnung der documenta 12 wieder vom Kasseler Asphalt kratzte, machte sie umso sichtbarer, worauf die Chilenin mit ihren Linien hinweisen wollte: die verdeckten Mechanismen von Kontrolle und Macht.

Rosenfelds Intervention für die Weltausstellung von 2007 knüpfte an eine Werkserie an, die 1979 im Widerstand gegen die Militärdiktatur in Chile ihren Anfang nahm: Auf dem Mittelstreifen einer Straße am Rand von Santiago setzte Rosenfeld mit weißem Klebeband tausend Kreuze auf die Fahrbahn.

Bereits sechs Jahre waren seit dem Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Allende vergangen. Noch bis 1990 sollte die Diktatur Pinochets dauern – mit rund 3.000 politischen Morden, mehr als 40.000 Inhaftierten und unzähligen für immer Verschwundenen. Mit Mitte 30 kniete sich Rosenfeld damals auf die Straße und irritierte mit jedem Querstreifen, den sie den Fahrbahnmarkierungen entgegensetzte, die Routinen eines Alltags, in den die Diktatur längst eingezogen war.

Die weiße Linie wurde ihr künstlerisches Werkzeug. 1988 zog sie damit bis vor das chilenische Regierungsgebäude, Schauplatz des von den USA unterstützten Putsches. Auch vor dem Weißen Haus in Washington oder an der deutsch-deutschen Grenze setzte sie ihre Klebebänder quer zu Orten der Macht und Teilung. Aus der kleinen Geste wurde ein politisches Symbol. Als Mitglied des Colectivo Acciones de Arte (CADA) prägte Rosenfeld die erfolgreiche „Nein-Kampagne“ zum chilenischen Volksentscheid von 1988 gegen eine weitere Amtszeit Pinochets.

Rosenfeld zählt unbestritten zu den wichtigsten........

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