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Die Klimabewegung lebt

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22.11.2025

Freitag ist Streiktag, zumindest ab und zu. Mitte November war es auch in Graz wieder einmal so weit. Gegen Ende des zweistündigen Klimastreiks schepperte im Herzen der steirischen Landeshauptstadt eine leere Getränkedose über den fahlen Asphalt der Herrengasse. Ein junger Mann streift über die Tasche seines schwarzen Mantels, stockt kurz und enttarnt sich damit als Besitzer der Dose. Sie bleibt liegen, er eilt weiter.

Verlockend, an dieser Stelle zu fragen, was eigentlich aus der Klimabewegung geworden ist, und in weiterer Folge ein Kommentar über unglaubwürdige Klimaaktivist:innen zu verfassen. Oder das drohende Aus der Klimabewegung zu prophezeien, samt Schuldzuweisung für ihr eigenes Versagen. Gründe dafür gäbe es genügend. Tatsächlich sind die Zeiten vorbei, in denen – wie im Jahr 2019 – rund 8.000 überwiegend junge Menschen dem Aufruf von „Fridays for Future Graz“ folgten und in der zweitgrößten Stadt Österreichs auf die Klimakrise aufmerksam machten.

Das bestätigt auch die Sprecherin von „Fridays for Future“ Österreich, Laila Kriechbaum. Allerdings wendet sie ein: „Müsste die Frage nicht eigentlich sein, was machen denn gerade die Politiker:innen, wenn die Wissenschaft doch so klar ist?” Die 22-jährige Aktivistin hat recht. Nischendiskussionen lösen keine Krisen. Sie bieten höchstens Ablenkung von komplexen Problemen.

Auch wenn die Sprechchöre der rund 150 Demonstrant:innen nur noch in gedämpfter Lautstärke einzelne Straßenabschnitte der Grazer Innenstadt füllen, sind die Anliegen der Klimabewegung nicht weniger relevant geworden. Das Pariser Klimaziel, das die Erhitzung der Erde eigentlich auf 1,5 Grad Celsius beschränken sollte, gilt als gescheitert. Prognosen gehen mittlerweile von bis zu 2,8 Grad aus.

Die Verfehlung wird schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben auf unserem Planeten haben. Über 600 Wissenschaftler:innen aus der ganzen Welt warnen jährlich im Weltklimabericht vor den Folgen der Klimakrise: Überflutungen und Dürren, Hungersnöte, vernichtete Lebensräume. Auch österreichische Wissenschaftler:innen präsentieren im Sachstandsbericht zum Klimawandel Jahr für Jahr ähnliche Ergebnisse. Seit 1900 ist die durchschnittliche Temperatur hierzulande um rund 3,1 Grad gestiegen – doppelt so stark wie die weltweite Durchschnittstemperatur.

Um den Anstieg der Temperatur und die dafür verantwortlichen CO2-Emissionen zu begrenzen, treffen sich jedes Jahr hochrangige Politiker:innen bei der UN-Klimakonferenz. Die Ergebnisse lassen aus wissenschaftlicher Sicht jedoch meist zu wünschen übrig. Anlässlich der diesjährigen COP in der brasilianischen Amazonas-Stadt Belém wollte „Fridays for Future“ in Graz unter dem Motto „Zurück Richtung Zukunft“ auf klimapolitische Rückschritte aufmerksam machen. Die Herrengasse sollte deshalb im Rückwärtsmarsch bewältigt werden. Dort herrschte aber wenig Verständnis für das Anliegen der Demonstrant:innen.

Ein Bauarbeiter........

© Wiener Zeitung