Was macht eigentlich die EU bei einem Defizitverfahren?
Österreich ist in diesem Fall eher nicht in guter Gesellschaft: Auch gegen Frankreich, Belgien, Italien, Polen, Malta, Ungarn, Rumänien und die Slowakei laufen derzeit Defizitverfahren der EU. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass sich unser Land in diese Liste einreiht: Von 2009 bis 2014 war dies schon einmal der Fall, nun empfiehlt die EU-Kommission erneut die Einleitung eines solchen Verfahrens. Formal beschlossen wird das im Rat der EU-Finanzminister:innen (ECOFIN) mit qualifizierter Mehrheit.
Um zu verstehen, was bei einem solchen Verfahren passiert, muss man zunächst wissen, warum sich das überhaupt im Regelwerk der EU findet. Hintergrund ist die gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik, die unter anderem im Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU ihre Grundlagen findet. Darin verpflichten sich die EU-Länder zu einer soliden, also nicht übermäßig Schulden aufbauenden, Haushaltsführung und Koordinierung ihrer Budgetpolitik. In Zahlen bedeutet das, ihre Staatsschuldenquote unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung – gemessen im Bruttoinlandsprodukts (BIP) – und ihr Budgetminus unter 3 Prozent des BIP zu halten, damit die gemeinsame Währung, der Euro, nicht in Bedrängnis kommt und im EU-Binnenmarkt zumindest ähnliche Bedingungen herrschen.
Österreichs Schuldenquote wird heuer bei 84,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, das Defizit betrug 2024 4,7 Prozent, für heuer rechnet Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) mit 4,3 Prozent.
Die Einführung dieser Grenzen erklärt Georg Feigl, Budgetexperte der Arbeiterkammer Wien, so: „Es ist auch dem Umstand geschuldet, dass bei Einführung des Euro unter anderem in Deutschland die Sorge aufkam, für die Schulden anderer Länder aufkommen zu müssen, wenn es keine Maximalgrenzen gibt.“ Feigl sitzt in jener AK-Abteilung, in der auch Marterbauer vor seinem Wechsel in die Regierung arbeitete. Dass Anfang der........
© Wiener Zeitung
