Plastik ist in aller Munde. Macht es krank?
Von der Schokoladenverpackung über die Getränkeflasche bis zur Zahnpastatube, von der Kleidung über das Smartphone bis zum Kaugummi: Plastik – ein umgangssprachlicher Überbegriff für meist aus organischen Molekülen hergestellte Kunststoffe – umgibt uns nahezu immer und überall. Das Erdöl- und manchmal auch Zellstoffprodukt ist leicht, formbar und langlebig. Nahezu alles lässt sich daraus fertigen. Einziger Haken: Es ist nicht biologisch abbaubar.
Nur ein Drittel der rund 370 Millionen Tonnen Kunststoff, die jährlich weltweit produziert werden, werden verbrannt, und nur ein verschwindend geringer Anteil wird recycelt. Der überwiegende Rest sammelt sich in der Umwelt. Gebrauch, Sonne, Wetter und Wind zersetzen die Plastikobjekte. Sie werden brüchig und zerfallen mit der Zeit in immer kleinere Teilchen und irgendwann sogar zu Staub – Plastikstaub. Die Teilchen stehen im Verdacht, die Symptome von ADHS und Autismus, Alzheimer und Parkinson oder Diabetes zu verstärken, die Spermienproduktion zu beeinträchtigen, Funktionsstörungen in der weiblichen Plazenta hervorzurufen und das Krebsrisiko zu erhöhen.
Kunststoffpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind, werden als Mikroplastik (größer) oder Nanoplastik (kleiner) bezeichnet. Sie verbleiben in der Umwelt und verteilen sich mit Wasser und Wind. In der Wüste, der Arktis, den Weltmeeren und Flüssen, in den Ackerböden und sogar im Trinkwasser und auf dem Mount Everest wurden beachtliche Mengen nachgewiesen. Mikro- und Nanoplastik finden sich im Essen und in der Luft. Wir atmen sie ein, essen und trinken sie mit. Dazu, wie viel Plastik sich mittlerweile im menschlichen Körper befinden könnte, gibt es unterschiedliche Berechnungen. Eine der griffigsten ist, dass wir pro Woche fünf Gramm oder das Gewicht einer Kreditkarte zu uns nehmen – allerdings scheiden wir viel davon auch wieder aus.
Wie genau bahnen sich Kunststoffpartikel ihren Weg in und durch den Körper? Nehmen wir die größte Quelle von Mikroplastik – den Reifenabrieb. Er ist so fein, dass wir ihn kaum wahrnehmen, außer wir greifen Autoreifen an. Dann färben die Abriebpartikel die Finger schwarz. „Beim Reifenabrieb gelangen auch winzige Teilchen in die Luft, die sich dort zu Staub zersetzen. Ähnlich wie Feinstaub oder Ruß atmen wir diesen Plastikstaub ein“, sagt der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinuniversität Wien im Telefonat mit der WZ: „Seine ultrafeinen........
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