Gewalt in Syrien: Wenn Minderheiten zur Zielscheibe werden
In Syrien ist in den letzten Tagen erneut Gewalt ausgebrochen: In der Provinz Suwaida, dem Zentrum der religiösen Minderheit der Drus:innen, kam es zu Kämpfen zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen. Daraufhin rückten Regierungstruppen in die gleichnamige Provinzhauptstadt vor. Später flog Israel Luftangriffe auf Ziele in der Hauptstadt Damaskus. Beobachtern zufolge war ein Raubüberfall auf einen drusischen Gemüsehändler der Auslöser für die Kämpfe, worauf es zu Vergeltungsangriffen auf beiden Seiten kam. Die Spannungen zwischen Drus:innen und Beduin:innen bestehen seit langem und sind auch auf ökonomische Gründe zurückzuführen: Beduinische Clans, die zuvor vom Schmuggel mit der Aufputschdroge Captagon profitiert hatten, verloren durch das Erstarken drusischer Milizen an Einfluss und fühlen sich zunehmend marginalisiert.
Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen fast 1.000 Menschen ums Leben, rund 200 wurden „auf der Stelle exekutiert”. Die UN-Menschenrechtskommission berichtet von schweren Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene bewaffnete Gruppen und syrische Streitkräfte.
„Religiöse Minderheiten in Syrien leben in Angst, werden entmenschlicht und ermordet, weil man sie als Abtrünnige oder Ungläubige betrachtet. Sie haben keine Lobby – ihre einzige Stimme sind unsere Stimmen. So wie wir andere Gruppen verteidigen, müssen wir Minderheiten verteidigen. Ich sehe derzeit kaum jemanden, der das tut”, sagt die Menschenrechtsaktivistin, Journalistin und Filmemacherin Düzen Tekkal im Gespräch mit der WZ. Sie wuchs als Kind kurdischer Eltern in Deutschland auf und ist Teil der jesidischen Glaubensgemeinschaft, einer religiösen Minderheit.
Viele Drus:innen aus Syrien wandten sich die letzten Tage verzweifelt an Tekkals Hilfsorganisation HÁWAR.help, einige Videos veröffentlichte sie mit Triggerwarnung auf Instagram. „Wir sehen Bilder, die für uns als Minderheiten schwer zu ertragen sind. Über 80-jährige drusische Würdenträger wurden gefoltert – ihnen wurde der traditionell getragene Oberlippenbart als........
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