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Politik Backstage: Die Entzauberung des roten Robin Hood

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20.09.2025

So will es die ungeschriebene Verfassung der Dreierkoalition: Jede Woche gehört einem anderen der drei Koalitionspartner die Vorderbühne beim Medienfoyer nach der Ministerratssitzung.

Der hehre Regieplan wurde in den ersten Regierungstagen vor sechs Monaten in einer Runde aus Koalitionsspitzen und Koalitionskommunikatoren festgeschrieben. Die wöchentliche wechselnde Drehbühne soll die kleinen und großen Eifersuchtsdramen in Grenzen halten und das mediale Haxelstellen, das in den bislang obligaten Zweierbündnissen bald nach den ersten Honeymoon-Tagen aufkam, beim ohnehin schwierigeren Spagat zu dritt in Grenzen halten.

Wenn jeder regelmäßig gesichert allein glänzen kann, so der gemeinsame Vorsatz, muss niemand mit allen Mitteln um einen Platz an der Sonne kämpfen.

Dieser Regieplan kam zuletzt immer wieder durcheinander. Meist nicht aus böswilliger Absicht, sondern weil sich Politik - zumal in Zeiten multipler Krisen - beim besten Willen nicht immer am Reißbrett planen lässt.

Nach der Sommerpause war auch ein Neustart bei den guten Vorsätzen am Kabinettstisch angesagt. In der ersten Septemberwoche gehörte die Ministerratsbühne zuvorderst der ÖVP: Kanzleramtsministerin Claudia Plakolm zelebrierte dann auch den zweiten Anlauf für ein Kopftuchverbot für Mädchen als Durchbruch an der Integrationsfront. Und, unausgesprochen, als Gamechanger beim großen türkis-blauen Wähleraustausch.

Diese Woche war die SPÖ dran. Vizekanzler Andreas Babler, der als Minister für einen eigenwilligen Themenmix aus Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport verantwortlich ist, hatte schon das ORF-Sommergespräch genutzt, um sich als Robin Hood aller Mieter zu präsentieren.

Die von ihm im ORF angekündigte „Mietpreisbremse“ für Neubauten, wo Mieten - anders als in streng geregelten Altbauten - frei vereinbart werden können, steht zwar schon grundsätzlich im Regierungsprogramm. Auch der Startschuss für die Umsetzung war mit Christian Stocker vom Zeitpunkt her abgesprochen. Inhaltlich waren in den dreieinhalb Wochen zwischen der roten Bremsansage und den sowohl türkis, rot als auch pink genehmen Bremsmanövern aber noch jede Menge Hürden zu nehmen.

Hier geht es zur neuen Podcastfolge von Politik Backstage - erzählt von der KI-generierten Stimme von trend-Kolumnist Josef Votzi.

Die Präsentation der „Mietpreisbremse“ geriet zur „Live-Show einer Regierung, die in einem Korsett aus gegensätzlichen Vorhaben und Vorlieben steckt“, so ein teilnehmender Beobachter im Regierungsviertel, der schon mehrere Koalitionen kommen und gehen sah.

In der Tat: Andreas Babler hatte sich schon in den Tagen vor dem Ministerrat mit einer Extraportion Pathos aufgewärmt und gegen „Steuerbetrüger in Milliardenhöhe“ vom Leder gezogen.

Schon am Tag vor der Ministerratssitzung sparte Babler auch nicht mit Lob in eigener Sache. Bei der Präsentation einer SPÖ-Plakatkampagne („Dein Zuhause, unser Auftrag. Wir machen Wohnen leistbar“) proklamierte er: „Die Immo-Lobbies haben sehr gut verdient in den letzten Jahren. Wir haben schon nach wenigen Tagen in der Regierung einer Million Mietern durch........

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