Jane Goodall: „Die Welt ist nicht schwarz-weiß“
trend: Eine Ikone der Umweltschutzbewegung und der CEO eines Kunststoffkonzerns schicken einander freundliche Videobotschaften zu. Sind Sie nicht eine Provokation füreinander?
Jane Goodall: Wir treten miteinander in Kontakt, weil die Welt in einem furchterregenden Zustand ist. Es braucht Menschen mit Expertise aus allen möglichen Gebieten, um Lösungen zu suchen.
Axel Kühner: Jane Goodall hat die Welt verändert, ich versuche, in kleinerem Maßstab wirksam zu werden. Aber wir haben, glaube ich, dasselbe Ziel, auch wenn wir aus vollkommen verschiedenen Ecken kommen.
Frau Goodall, welchen Schaden richtet nach Ihren Beobachtungen Plastik in der Natur an?
Goodall: Du meine Güte! Es landet so viel Plastik in den Ozeanen, besonders die Einwegprodukte. Viele Meerestiere nehmen dieses Plastik auf, wir finden Teile in den Mägen von Walen und anderen Tieren, aber auch an Land, etwa in indischen Kühen. Außerdem werden wir alle von Mikroplastik, das in unseren Abwässern landet, kontaminiert.
Herr Kühner, stimmt das?
Kühner: Zu hundert Prozent. Aber es gibt auch eine andere Seite der Medaille. Kunststoff bedeutet für die Menschen auch viel Gutes. Zum Beispiel hilft er, Lebensmittel aufzubewahren und zu transportieren. Wir müssen aber nur sicherstellen, dass er nicht in der Umwelt landet. Der potenzielle Schaden muss minimiert, der Nutzen so groß wie möglich gemacht werden.
Goodall: Es geht darum, neue Wege des Recyclings zu finden und Plastik in etwas anderes zu transformieren. Aus meinen Naturbeobachtungen ist mir bekannt, dass zum Beispiel Termiten Plastik fressen. Jedenfalls macht es schon einmal einen großen Unterschied, wenn Regierungen die Wegwerfprodukte aus Supermärkten verbannen. Die Wissenschaft nimmt sich immer stärker des Themas an, und viele junge Leute kämpfen leidenschaftlich für die Sache. Das ist meine Hoffnung.
Kühner: Es gibt guten Grund zur Hoffnung! Denn es gibt sehr viel Innovation rund um das Thema Kreislaufwirtschaft im Kunststoffbereich. Unser lineares Geschäftsmodell wird auslaufen, es wird zirkulär werden.
Wenn Sie mit Firmen wie Greiner arbeiten -wie können Sie unterscheiden, ob auch die Taten und nicht nur das Image grüner werden?
Goodall: Das Jane Goodall Institute arbeitet sogar mit Ölfirmen. Wenn jemand substanzielle Summen z. B. in erneuerbare Energien investiert, dann ist es ja auch sinnvoll, ihm zu helfen, damit es schneller geht. Solange wir Autos fahren, fliegen und Strom verbrauchen, ist es heuchlerisch, Geld von einer Firma abzulehnen, die sich ändern will.
Wie finden Sie heraus, ob es jemand wirklich ernst meint?
Goodall: Durch gründliche Recherche. Greenwashing ist weit verbreitet. Aber mein Eindruck ist, dass jetzt mehr und mehr Unternehmen ernsthaft bemüht sind, sich in die richtige Richtung zu entwickeln.
Jane Goodall wurde für ihre Forschungen über Schimpansen in Tansania ab den 1960ern........
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