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"Nukleare Option": Moskaus Auslandsvermögen und die Ukraine

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Artikel vom 25.05.2025

Russlands Besitztümer im Westen wurden eingefroren. Bisher unterstützt man die Ukraine nur mit den Zinsen. Aber was passiert, wenn man auch das Vermögen selbst für den Wiederaufbau nutzt? Immerhin begann Moskau ja den Krieg

Im Zuge der Russland-Sanktionen nach dem Überfall auf die Ukraine wurden nach und nach die Auslandsvermögen des russischen Staates und das Guthaben zahlreicher steinreicher Russen eingefroren. Man trachtete danach, den Moskauer Machthaber im Portemonnaie zu treffen und viele seiner treuesten Getreuen zum Nachdenken über ihre Loyalität zu bewegen. Sichtbare Folgen zeitigte das nicht, aber, frei nach einer früheren Bundeskanzlerin, nun ist das Geld halt da. Es einfach zu requirieren, und diese Idee firmiert inzwischen als „die nukleare Option“.

Runde 300 Milliarden Euro aus Mitteln der russischen Zentralbank sind derzeit gesperrt, davon 210 Milliarden in der EU. Verwaltet werden 200 Milliarden dieser Gelder von der belgischen Finanzinstitution Euroclear, der größte restliche Teil ist in französischem Gewahrsam. 2024 beispielsweise erzielte Euroclear aus dem Vermögen einen Ertrag von rund sieben Milliarden Euro, schätzt die Washingtoner Brookings Institution, ein unabhängiges Forschungsinstitut.

Schon 2014, nach der Besetzung und Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland, verfügte die EU erste Sanktionen (EU-Verordnung Nr. 269/2014; mittlerweile gibt es 17 solcher Vergeltungspakete). Ungefähr seit dieser Zeit, insbesondere aber nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022, laufen Diskussionen um den vollständigen Zugriff auf diese Milliarden. Das geistert metaphorisch als „nukleare Option“ durch die Debatte, weil die Folgen gewaltig wären: Nach einem solchen präzedenzlosen Schritt der Enteignung eines ganzen Staates und seiner Finanzmittel im Ausland, wäre die politische und wirtschaftliche Landschaft nicht mehr wiederzuerkennen. Denkbar wäre alles, von einem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems bis hin gar zu kriegerischen Auseinandersetzungen: „Die vollständige Konfiszierung eingefrorener Vermögenswerte eines Staates könnte durchaus als ‘nukleare Option’ betrachtet werden, da sie tiefgreifende rechtliche und diplomatische Konsequenzen hätte”, schreibt auch die für Zuspitzungen nicht bekannte Wochenzeitung “Die Zeit”.

Die EU und die meisten der G7-Staaten sind sich einig, dass aus den Zinserträgen der russischen Guthaben die Ukraine unterstützt werden darf – und so geschieht es auch. Die Gelder sollen dem Wiederaufbau des geschundenen Landes dienen, im Moment aber vorwiegend auch der Versorgung der zahlreichen Binnenflüchtlinge aus den russisch besetzten Gebieten, sowie dem........

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