Das Ende des Pinkwashing?
»Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich doch – nein, er liebt mich nicht…« Die Beziehung zwischen dem Staat und den von ihm in der Spätphase des Neoliberalismus entdeckten nützlichen Minderheiten gleicht einer emotionalen Achterbahnfahrt. Ob wir nun schwul, jüdisch, Frauen oder – in Ausnahmefällen – sogar nicht ganz weißhäutig oder geschlechtseindeutig sind: Jahrelang schien es, als fänden unsere Kämpfe für Gleichberechtigung in einigen Ländern nicht nur Zustimmung, sondern sogar staatliche Förderung.
Yossi Bartal ist seit 2006 ein begeisterter Wahl-Neuköllner. Aufgewachsen in West-Jerusalem lernte er früh, dass Selbsthass die edelste Form des Hasses ist. Mit einer gesunden Dosis Skepsis gegenüber Staat und Gesetz schreibt er für nd.Digital jeden dritten Montag im Monat über Parallelgesellschaften, (Ersatz-) Nationalismus und den Kampf für eine bessere Welt.
Dies war keineswegs ein Geschenk unserer ach so toleranten Politik, sondern primär das Ergebnis sozialer Auseinandersetzungen, die oft rebellisch und gesetzeswidrig geführt worden waren. Man kann es als das süß-saure Schicksal erfolgreicher Aufstände betrachten, dass sie früher oder später von Staat und Kapital vereinnahmt werden – und natürlich schreit die Heuchelei dabei oft zum Himmel.
So folgte auf die errungene Liberalisierung in Fragen der Sitten und Moral auch vielerorts eine ganz andere »Liberalisierung« des Arbeitsmarktes, die den Lebensstandard der Arbeiterklasse........
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