Verehrt und verachtet
Eine Frau verkörpert das ambivalente Verhältnis der Israelis zu ihrem Premierminister Benjamin Netanjahu wie kaum eine andere: Einav Zangauker. Klassische Likud-Wählerin, Sefardin, Reinigungskraft aus der ärmlichen Stadt Ofakim im Süden des Landes, Mutter der Geisel Matan Zangauker. Einst verehrte sie Netanjahu, heute verachtet sie ihn.
»Ich hing an seinen Lippen, wenn er Reden hielt, sog seine Worte förmlich in mich auf«, sagte die 46-Jährige kürzlich in einem Interview. Doch die Tatsache, dass ihr Sohn noch immer in der Gewalt der Hamas ist, habe ihr die Augen geöffnet. Sie macht Netanjahu persönlich dafür verantwortlich. »Ich werde Sie verfolgen, wenn mein Matan in einem Leichensack nach Hause kommt«, drohte sie dem Premier. »Ich, Einav Zangauker aus Ofakim, werde Ihr größter Albtraum sein.«
Andere hingegen sehen Netanjahu nach wie vor als ihren Helden. Als er nach dem tödlichen Einschlag einer iranischen Rakete Mitte Juni die Stadt Bat Yam besuchte, wo neun Menschen ums Leben kamen, bejubelten ihn zahlreiche Anwohner.
Benjamin Netanjahu wurde am 21. Oktober 1949 in Tel Aviv in eine säkulare Familie hineingeboren. Vater Benzion, Professor für jüdische Geschichte, war Anhänger einer revisionistischen Version des Zionismus. Benjamins älterer Bruder Yoni kam 1976 als Leiter des Kommandos für die Geiselbefreiung in Entebbe ums Leben. Ein einschneidendes Ereignis im Leben des jungen Benjamin Netanjahu, das ihn stark beeinflusste. Er diente in derselben Elite-Kampfeinheit wie sein Bruder, studierte am renommierten Massachusetts Institute of Technology und schloss mit einem Master in Wirtschaftswissenschaften ab. Verheiratet ist er in dritter Ehe mit Sara, einer Kinderpsychologin, mit der er zwei erwachsene Söhne hat, Yair und Avner. Aus seiner ersten Ehe stammt die Tochter Noa, die heute ultraorthodox lebt.
Nach dem Schlag gegen die Mullahs applaudierten selbst seine unerbittlichen Gegner.
1993 übernahm Netanjahu den Vorsitz des Likud und wurde drei Jahre später im Alter von 46 Jahren als bislang jüngster Kandidat erstmals Premierminister. 1999 schlug ihn Ehud Barak. Netanjahu zog sich zurück in die Privatwirtschaft. Doch sein einstiger Mentor, Ariel Scharon, überzeugte ihn, nach Jerusalem zurückzukehren. Nachdem Scharon eine neue Partei gegründet hatte, übernahm Netanjahu erneut den Vorsitz des Likud und wurde 2009 zum zweiten Mal Premierminister. Mit Ausnahme der einjährigen Einheitsregierung von Naftali Bennett hat er das Amt bis heute ununterbrochen inne. Im Jahr 2019 überholte er Staatsgründer David Ben Gurion und wurde damit zum am längsten amtierenden Premierminister Israels.
Bis heute dominiert er die politische Landschaft Israels wie kein anderer. Seine Anhänger sind »Bibi HaMelech«, ihrem »König Bibi«, treu ergeben. Es ist ein........
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