menu_open Columnists
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close

Jude, Comedian, Freiheitskämpfer

11 0
yesterday

Wenn von Wolodymyr Selenskyj nur ein Satz bleiben sollte, ist es dieser: »Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit.« Allein damit ist der aus einer ukrainischen Provinzstadt stammende Jude in die Weltgeschichte eingegangen. Es war die Antwort des ukrainischen Präsidenten auf Angebote anderer Staatenlenker, ihn in den ersten Stunden der russischen Invasion am 24. Februar 2022 aus Kyjiw zu evakuieren.

Selenskyj wuchs in einer »gewöhnlichen sowjetisch-jüdischen Familie« auf, wie er selbst einmal sagte. Sein Großvater Semjon befehligte im Zweiten Weltkrieg einen Mörserzug und eine Schützenkompanie, wurde mit zwei Rot-Stern-Orden ausgezeichnet. Semjon kehrte als einziger von vier Brüdern von der Front zurück.

Wolodymyr Selenskyjs Eltern gehörten zur typisch sowjetischen Technik-Intelligenz: Der Vater ist Mathematiker, Doktor der technischen Wissenschaften, Professor und Leiter des Lehrstuhls für Informatik an einer örtlichen Hochschule. Die Mutter ist Ingenieurin.

Der junge Wolodja interessierte sich in der Schule besonders für Englisch und Sport – Ringen, Gewichtheben, Basketball (bei einer Körpergröße von 1,70 Meter). Gleichzeitig spielte er Klavier und begeisterte sich für Standardtänze. Bereits in jenen Jahren fühlte er sich auf der Bühne sehr wohl, anfangs als Gitarrist in der Schulband. Mit 16 Jahren wollte Selenskyj zum Studium nach Israel gehen, doch sein Vater lehnte ab. Damals war eine diplomatische Karriere der Traum des jungen Mannes. Eine Zeit lang wollte er das Staatliche Moskauer Institut für Internationale Beziehungen besuchen – eine russische Eliteuniversität. Letztlich sollte er am Wirtschaftsinstitut Krywyj Rih Jura studieren.

Dort gründete er ein Miniaturtheater und trat erfolgreich bei sogenannten KVN-Spielen an, einem humoristischen Wettkampf im Improvisieren. Bald darauf entstand die Theatertruppe »Studio Kwartal 95«, bei der Selenskyj nicht nur Hauptdarsteller, sondern auch Autor der meisten Sketche wurde. Um die Jahrtausendwende lebten die Schauspieler praktisch alle in Moskau und tourten durch die ehemalige Sowjetunion. Einige Auftritte fanden sogar im Kreml statt, wo sich die höchste........

© Juedische Allgemeine