menu_open Columnists
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close

UNO: Russlands Folter in der Ukraine hat System

11 1
07.04.2025

Ihre Kommission hat gerade eben erst wieder einen Bericht veröffentlicht. Solche berichte wirken wie ein kleiner Einblick in ein riesiges Gesamtes. Wie stellt sich Ihnen dieses Gesamtbild dar? Gibt es ein Gesamtbild?

Wir haben mittlerweile insgesamt 10 schriftliche und mündliche Berichte vorgelegt. Diese Ermittlungen sind ein fortlaufender Prozess, und aus diesen Berichten ergibt sich ein Gesamtbild – sowohl was die Anzahl der Verbrechen, die geografische Verteilung und die Schwere der Menschenrechtsverletzungen und internationalen Verbrechen angeht. Ein weiterer Aspekt ist, dass sowohl Männer als auch Frauen, Jungen und Mädchen jeglicher Herkunft und jeden Alters betroffen waren. Zu den Opfern gehören sowohl Zivilisten als auch Kriegsgefangene. Natürlich kann die Kommission nicht alle Verstöße und Verbrechen dokumentieren, die in diesen drei Jahren in der Ukraine stattgefunden haben. Aber wir konnten dokumentieren, was repräsentativ ist für das, was wir gesehen haben.

Was ist da repräsentativ?

Es gibt ein Muster der Verstöße und Verbrechen, die seit Beginn des Krieges, seit der vollständigen Invasion im Jahr 2022, begangen worden sind. Konkret haben wir ein breites Spektrum von Verbrechen und Verstößen in Bezug auf die russischen Behörden festgestellt. Und das sowohl in Bezug auf die Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht als auch auf internationale Verbrechen.

Was sticht für Sie da hervor? Welche Muster machen Sie da aus?

Wir haben in diesem dritten Mandat zwei Feststellungen zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit getroffen. Erstens: Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bezug auf Folter. Und zweitens: Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Bezug auf das Verschwindenlassen von Personen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehören zu den schwersten internationalen Verbrechen. Wir haben festgestellt, dass beide Verbrechen, die von der Russischen Föderation begangen wurden, im Rahmen einer koordinierten staatlichen Politik auf weit verbreitete und systematische Weise verübt wurden. Und sie fanden in allen Provinzen der Ukraine statt, wo Gebiete unter russische Kontrolle kamen und in mehreren Regionen der Russischen Föderation.

Wenn Sie sagen, „koordiniert“ - was bedeutet das? Bedeutet das, dass es eine Planungsebene gibt? Bedeutet das, dass es eine staatliche Politik ist, dies zu tun? Oder ist es auch möglich, dass dies aus einer, sagen wir mal, Kultur der Gewalt innerhalb des russischen Militärs resultiert?

Es ist eine staatliche Politik. Und diese Feststellung orientiert sich an einem legalen Maßstab. Wir haben auch festgestellt, dass diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit – die Folter und das Verschwindenlassen – dazu dienen sollten, die Erreichung des militärischen Ziels der Russischen Föderation zu fördern. Die Menschen, die aufgegriffen wurden, wurden inhaftiert und somit ihrer Freiheit beraubt, festgehalten, und dann der Folter ausgesetzt. Die Auswahl der Personen diente der Erreichung militärischer Ziele. Die russischen Behörden haben also gezielt Personengruppen ausgewählt, die sie als Bedrohung empfinden oder die sich weigern, mit ihnen zu kooperieren.

Verschleppung und Folter sind also der rechtlich schwerwiegendste Aspekt. Aber gehen wir doch ins Detail.

Es gibt noch viele andere Verstöße und Verbrechen, die die persönliche Integrität Einzelner betreffen. Dazu gehören Vergewaltigung und........

© Wiener Zeitung