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Rechte Szene: Neue Woche, neuer Waffenfund

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11.05.2025

Sorgfältig liegen Dutzende Gewehre und Pistolen aufgereiht. Hakenkreuz-Flaggen sind neben Wehrmachtsuniformen drapiert. Ein Stein mit einer SS-Rune beschwert das weiße Tuch. Die Exekutive präsentiert stolz ihren Fund. Ein Fotograf schießt ein Foto. Es landet später in den Meldungen, die kurz im Nachrichtenstrom aufpoppen.

„Waffenarsenal in österreichischem Keller ausgehoben“, „NS-Waffenmaterial und Kriegsobjekte sichergestellt“, „Waffenlager und NS-Devotionalien in Keller hochgenommen“ lauten ihre Schlagzeilen. 51 Fälle von Waffenfunden und NS-Devotionalien listet die Plattform „Stoppt die Rechten“ seit 2019. Fünf Fälle sind es bereits in diesem Jahr, der jüngste Fund stammt vom 3. Mai.

Die Polizei stößt regelmäßig auf illegale Waffenlager – aufgrund von Hinweisen oder durch Zufall. Meist findet sie nicht nur Waffen, sondern auch NS-Propagandamaterial. Eine gefährliche Mischung. Die rechtsextreme Szene rüstet auf, sie vernetzt sich über verschlüsselte Chats, wird aktiver. Sie hortet nicht nur Waffen, sondern auch Objekte mit NS-Bezug. Orden, Dolche, Propaganda-Shirts, Nazi-Andenken, rechte Literatur. Der Handel mit diesen Objekten blüht. Das belegt ein Fall aus dem vergangenen September. Österreichweit wurden 18 Wohnungen durchsucht, mehr als ein Dutzend Personen festgenommen. 15 Personen stehen unter Verdacht, einen illegalen NS-Devotionalien-Handel über einen Messengerdienst aufgezogen zu haben. Die Ermittler:innen stellten hunderte Objekte sicher. In der Pressemitteilung war von einem richtigen „NS-Museum” die Rede.

Wir wollten wissen: Häufen sich die Waffen-Funde? Wie gefährlich ist die rechtsextreme Szene? Und wie leicht kommt man in Österreich an solche NS-Propaganda-Gegenstände – ohne Kontakte in die Szene?

Die Antwort gleich vorweg: Sehr leicht. Am virtuellen Marktplatz willhaben finden wir mit ein paar wenigen Klicks einen Anbieter: „Das Buch der Deutschen mit Bild vom Chef“ – Verkaufspreis 100 Euro. Es handelt sich um ein Exemplar von „Mein Kampf“ von Adolf Hitler.

Wir schreiben dem Verkäufer – nennen wir ihn Franz – und machen uns für den nächsten Morgen ein Treffen aus. An einer U-Bahn-Station im 19. Bezirk werden wir bereits erwartet. Wir gehen ein paar Schritte mit Franz und erhalten, etwas versteckt zwischen zwei Gebäuden, ein braunes Papiersackerl überreicht. Was wir damit vorhaben, will er nicht wissen. Nur, ob wir noch an anderen Dingen interessiert wären.

Zu Hause habe er noch rund 90 Bücher, welche er nicht auf willhaben stellen kann. Gemeinsam mit einem Freund, welcher im Gegensatz zu ihm ein „richtiger“ Sammler sei, tauscht er sich regelmäßig aus. Das Geschäft laufe gut – seine Preise sind, wie er sagt, fair, versendet wird nach ganz Europa. Immer wieder kommen Interessent:innen zu Franz und stöbern. „Bei mir gibt’s keinen Kaufzwang, man kann auch nur zum Schauen kommen“, sagt Franz.

Die Käufer:innen selbst zeigen sich oft verdeckt, wollen anonym bleiben und tauschen weder Namen noch Nummer aus. Über willhaben funktioniert das laut Franz sehr gut. Wir geben ihm dennoch eine E-Mail-Adresse. Am nächsten Tag schickt uns Franz Bilder von den Büchern.

Was Franz uns anbietet, ist gesetzlich verboten. Auf willhaben sind eigentlich auch keine Anzeigen erlaubt, die NS-bezogene Artikel anbieten, heißt es in den Richtlinien der Plattform. Das Verbotsgesetz von 1947 verbietet jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinne, also zum Beispiel die Leugnung nationalsozialistischer Verbrechen sowie die Verbreitung und Verherrlichung von NS-Inhalten. Anfang 2024 wurde das Gesetz verschärft. Behörden können nun NS-Devotionalien auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr ziehen.

Unklar ist, ob sich die Gesetzesnovelle schon in der Statistik........

© Wiener Zeitung