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Absdorfer ÖVP-Bürgermeister: Fragwürdiger Gemeindegrund-Deal

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19.03.2025

Im niederösterreichischen Absdorf steht ein neuer Kindergarten. In der Sandkiste streiten zwei Mädchen um eine Schaufel. Auf der Schaukel wippt ein Bub. Kinder toben durch den Garten. Zur Eröffnung reiste die Lokalpresse an. Alle lobten den Bau. Alle waren glücklich. Nur eines drang bisher nicht ans Licht der Öffentlichkeit. Auch ein Freund des Bürgermeisters hat mit dem Kindergarten viel Geld verdient. Leistung erbrachte er keine. Mit dem Bürgermeister betreibt er eine Immobilien-Firma und eine Waschanlage. Aber beginnen wir von vorne.

In der Gemeinde Absdorf reihen sich farbige Häuser aneinander. An der Schmida gehen die Absdorfer:innen spazieren. Nebel hängt über den Weinreben und Äckern. Im Rathaus am Hauptplatz 1 hat Bürgermeister Franz Dam sein Büro. Von dort aus regiert er die Gemeinde seit 15 Jahren – und in den nächsten fünf. Bei den Gemeinderatswahlen im Jänner verpasste seine ÖVP nur knapp die Absolute. Dam genießt in der Volkspartei einen guten Ruf. Für den Bezirk Tulln sitzt er im Parteivorstand.

Auch bei den Absdorfer:innen wird der 64-Jährige geschätzt. Viele kennen ihn noch als „Direktor“ der Raiffeisenbank Wagram-Schmidatal, für die er 43 Jahre tätig war. Als Bürgermeister ließ Dam der Feuerwehr ein neues Zeughaus bauen. Er brachte schnelles Internet nach Absdorf. Er ließ Bäume pflanzen und einen Hummellehrpfad anlegen.

Franz Dam ist der Vorzeigebürgermeister einer Vorzeigegemeinde. Doch unter der Oberfläche gärt es. Dam konzentriere zu viel Macht in seinem Amt, sagen Kritiker:innen. Er ist Bürgermeister und zugleich Geschäftsführer der gemeindeeigenen Immobiliengesellschaft. Informationen aus der kommunalen Gesellschaft fließen spärlich, Nachfragen zu Entscheidungen sind unerwünscht.

Entscheidungen, die Dam und seine Geschäftspartner begünstigen, wie Recherchen von Falter und WZ zeigen. Dam verantwortete als Geschäftsführer der Absdorfer Kommunalimmobilien GmbH den Verkauf einer kommunalen Wiese an eine Immobilienfirma. Sie sollte ein Wohnprojekt samt Kindergarten errichten. Doch nur wenige Monate später verkaufte sie das Grundstück weiter und verdiente mehr als 200.000 Euro vor Steuern damit. Pikantes Detail: Einer der Eigentümer der Immo-Firma ist ein Geschäftspartner und enger Freund des Bürgermeisters. Es ist nicht der einzige fragwürdige Immobiliendeal, in dem der Bürgermeister und sein Geschäftspartner auftauchen.

Um die Geschäfte zu verstehen, muss man zurück ins Jahr 2012. Dam ist damals seit zwei Jahren Bürgermeister. Er ist ein Macher, Dinge nimmt er gern selbst in die Hand. Zum Beispiel die Verwaltung der Gemeinde-Immobilien. Auf Vorschlag von Dam wird die Absdorfer Kommunalimmobilien GmbH gegründet. Sie steht zu 100 Prozent im Eigentum der Gemeinde. Die „Kommunale“, wie sie von Absdorfer:innen genannt wird, soll Liegenschaften an- und verkaufen und Immobilienprojekte entwickeln. Die Auslagerung in eine Gesellschaft spare Steuern, so das Argument des Bürgermeisters. Als Geschäftsführer schlug Dam sich selbst vor.

Ihm zur Seite gestellt ist ein Beirat, „zum Zwecke der Beratung, der Unterstützung, der Kontrolle und der Überwachung“, wie es in der Satzung der „Kommunale“ heißt. Der Beirat ist ident mit dem Gemeindevorstand: aktuell besteht er aus sieben Gemeinderät:innen, fünf von ihnen gehören der ÖVP an. Der Beirat muss bei jedem Grundstücks- oder Kreditgeschäft zustimmen.

In die Geschäfte der „Kommunale“ lässt sich Dam jedoch nicht gerne hineinschauen. Protokolle werden unter Verschluss gehalten. Von Grundstücksgeschäften erfährt nur der Beirat – und zwar nur, wenn er persönlich vorstellig wird. Der Gemeinderat bekommt Schriftstücke lediglich „über ausdrückliche Anfrage“, wie die Satzung festhält. Falter und WZ haben die Protokolle der „Kommunale“ beim Bürgermeister angefragt. Bekommen haben wir sie nicht.

„Die Auslagerung der Liegenschaftsverwaltung darf nicht dazu führen, dass die Verwaltung außerhalb der Kontrolle der Gemeinde stattfindet“, sagt der Gemeinderechts-Experte Wolfgang Schubert. Der Rechnungshof wies in einem Bericht über die Stadt Tulln kritisch auf potenzielle Interessenskonflikte durch die Verknüpfung von Amt und Geschäftsführerfunktion bei Kommunalgesellschaften hin. Er empfahl der Stadt Tulln eine „klare und strikte personelle Trennung“.

Die Opposition........

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