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Drogenkonsum: Unser Abwasser enthüllt alle Geheimnisse

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02.04.2025

Im Verborgenen der Kanalisation verbirgt sich die ungeschönte Wahrheit: Jeder Drogenkonsum hinterlässt seine Spuren. Die illegalen Substanzen fließen am Ende unweigerlich in die Kläranlagen – und werden dort zu wertvollen Daten für die analytische Chemie. Eine Wissenschaft deckt Geheimnisse auf.

Das weiß auch Herbert Oberacher, der vor knapp zehn Jahren das landesweite Drogenmonitoring auf die Beine stellte. Oberacher ist analytischer Chemiker am Institut für Gerichtliche Medizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Er gilt als Experte für Epidemiologie und Massenspektrometrie. Besonderes Interesse bekam sein Abwasser-Monitoring auch während der Corona-Pandemie.

Die WZ hat exklusiv mit Oberacher über die aufschlussreichen Erkenntnisse von Drogen im Abwasser gesprochen.

Herr Oberacher, Sie sind analytischer Chemiker, was machen Sie den ganzen Tag?

Ziel der analytischen Chemie ist es, herauszufinden, woraus Stoffe und Materialien aufgebaut sind. Für mich geht es meistens um Anwendungen in der Medizin, sowie in den Bio- und Umweltwissenschaften. Mich interessiert, welche Moleküle in einer biologischen Probe vorhanden sind und welche Rückschlüsse wir daraus ziehen können. Im Bereich der forensischen Toxikologie interessiert uns beispielsweise, welche und wie viele Drogen und Pharmazeutika in einer Probe vorhanden sind, und welche Auswirkungen das auf die untersuchte Person haben könnte.

Waren Sie auch für das Covid-19-Monitoring verantwortlich?

Wir sind 2016 in das Abwassermonitoring eingestiegen, weil wir eine komplementäre Informationsquelle über den Drogenmarkt erschließen wollten. Als die Pandemie begann, gab es erste Hinweise, dass das Virus auch im Abwasser nachweisbar sei. Wir versuchten, unser Knowhow aus dem Drogenmonitoring in diesem neuen Bereich umzusetzen. Relativ schnell etablierten wir dann gemeinsam mit Gesundheitsbehörden auf regionaler und nationaler Ebene Monitoring-Programme.

Die jüngst veröffentlichte Studie zum Drogenkonsum in Europa hat für Österreich ein Ost-West-Gefälle ergeben: Der Kokainkonsum ist im Westen höher als im Osten. Warum?

Das kann ich nicht restlos beantworten, aber vermutlich geht es zum einen darum, wie der Markt versorgt wird, und auf der anderen Seite darum, wer konsumiert. Was sind die Vorlieben der Konsumenten und was ist der Preis, den sie für unterschiedliche Substanzen zahlen möchten? Letztlich sind synthetische Amphetamine und Kokain Stimulanzen mit ähnlichen Eigenschaften. Sie wirken leistungssteigernd. Dazu kommt manchmal auch der Hype um gewisse Substanzen. Wie bei jedem Markt sind Angebot und Nachfrage ausschlaggebend.

Sie untersuchen landesweit das Abwasser von insgesamt 17 Kläranlagen. Geben diese ein gutes Gesamtbild ab oder gibt es Lücken?

Vielleicht braucht es hier eine kurze Erklärung, wie es zu diesen 17 Standorten gekommen ist. Denn 2016 war es sehr schwierig, überhaupt eine teilnehmende Kläranlage zu finden, die aufgeschlossen genug war, um das Abwassermonitoring zu unterstützen. Wir hatten das Glück, mit Innsbruck starten zu können. Über die Jahre hat sich das Ganze gesteigert, vor allem ab der Pandemie war es erheblich leichter, Zugang zu den Abwasserproben zu bekommen. Das Verständnis für das Abwassermonitoring ist deutlich gestiegen.........

© Wiener Zeitung