„Wenn er dir nichts verbietet, liebt er dich nicht!“
Content-Warnung: In diesem Text geht es um psychische, sexuelle und physische Gewalt in Beziehungen. Falls du auf diese Themen sensibel reagierst, lies diesen Beitrag vielleicht mit einer vertrauten Person, mit der du auch unterbrechen kannst, um dich mit ihr über das Gelesene zu unterhalten.
„Nur ein Mann, der dich schlägt, dir Dinge verbietet und dich nur für sich will, ist wirklich in dich verliebt“, hört Arjeta von ihrer damaligen Schwägerin. Dieser Satz brennt sich in ihr Gedächtnis ein. Arjeta ist damals 20 Jahre alt und steckt in einer gewaltvollen Ehe fest. Die Angst, beschimpft, erniedrigt oder sogar geschlagen zu werden, nur weil sie vielleicht eine Stunde zu spät nach Hause kommt, begleitet sie in ihrer Ehe täglich. Sie lebt in ständiger Sorge, dass ihrem Mann etwas missfallen könnte und die Situation eskaliert. Mal sagt er ihr, er handle so nur aus Liebe und im nächsten Moment beschimpft er sie als „H*re“. Rückhalt von weiblichen Familienmitgliedern kann sie kaum erwarten, denn auch sie sind in denselben zerstörerischen Denkmustern gefangen.
Unter Social-Media-Videos von Paaren finden sich Kommentare wie: „Wenn er dir nichts verbietet, liebt er dich nicht!“ oder „So lässt er dich wirklich rausgehen?“ Übertriebene Eifersucht, Drohverhalten und soziale Isolation werden auf Social Media von jungen Frauen, die diese Kommentare verfassen, als Ausdruck von Fürsorge oder starkem Beschützerinstinkt interpretiert. Tatsächlich hat dies mit Fürsorge oder Beschützerinstinkt nichts zu tun – im Gegenteil. Es handelt es sich hierbei um Formen psychischer Gewalt und um Verhaltensweisen, die ernsthafte Gefahren bergen.
In der Hoffnung auf eine glückliche Ehe heiratete die heute 38-jährige Arjeta bereits mit zwanzig Jahren einen Mann aus ihrer Heimat Kosovo. Doch es kam anders als erwartet: Noch bevor ihr damaliger Verlobter nach Österreich einreiste, überschüttete er sie am Telefon mit Vorschriften und Verboten. Sie bräuchte keine Freund:innen und auch ihre Familie müsse sie nicht sehen. Als er dann nach Österreich kam, wurden die Verbote lauter und auch die physische Gewalt begann. „Diese Ehe hat mich nicht nur von meinem Umfeld isoliert, sondern auch von mir selbst“, resümiert Arjeta . Sie funktionierte nur noch, tat, was von ihr verlangt wurde, und passte sich vor allem seiner Familie an: verschlossene Kleidung, keine Widerworte und keinerlei eigene Entscheidungen.
Für psychische Gewalt gibt es keine eindeutigen Warnsignale – es ist ein........
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