Selbstzensur in den USA: Trumps schwarze Listen
Was darf man denn heute noch sagen? Die Konservativen in den USA haben sich lange beklagt, dass man eben nicht mehr „alles“ sagen darf. Covid-Erkrankungen und Impfungen sind relativ und X-Boss Elon Musk hat sofort die Zensur von NS-Inhalten auf seiner Social-Media-Plattform aufgehoben. Dafür hat er bei Trumps Inauguration mit dem Nazi-Gruß kokettiert und zensiert selbst sämtliche Inhalte, wenn es von mächtigen Regierungen gewünscht wird.
Inzwischen sammeln konservative Plattformen Namen von Bundesbeamt:innen, Richter:innen und anderen Personen des semi-öffentlichen Interesses, die sich gegen die republikanische Agenda unter Trump ausgesprochen haben. Tausende Personen wurden durch diese Verleumdung gefeuert.
Das Listen-Erstellen von unerwünschten Personen erinnert an ein ganz dunkles Kapitel in der jüngeren Geschichte der USA. Nämlich an die McCarthy-Ära, als der namensgebende Senator Joseph McCarthy überall die rote, kommunistische Gefahr witterte, und eine Hexenjagd gegen vermeintliche Sympathisant:innen initiierte – vor allem in den Jahren 1950 bis 1954. In den USA schämte man sich nachträglich mehrheitlich dafür, denn das Land trägt das Banner der Meinungsfreiheit normalerweise recht stolz vor sich her.
1976 stellte der Oberste Gerichtshof noch einmal ganz deutlich klar: „die Diskussion von öffentlichen Belangen sowie die Debatte über die Qualifikationen von Kandidaten“ sei „wesentlich für das Gelingen“ des US-Regierungssystems. Deswegen würde die US-Verfassung (konkret der erste Zusatzartikel über die Meinungsfreiheit) besonders die politische Meinungsäußerung beschützen, um den „Austausch von Ideen über politischen und sozialen Wandel“ zu gewährleisten.
So versuchte der Supreme Court sich von der McCarthy-Zeit zu distanzieren.
Zur Erinnerung: Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sich die USA und die Sowjetunion als Großmächte im Kalten Krieg gegenüber. Der republikanische Senator Joseph McCarthy behauptete, dass selbst der US-amerikanische Regierungsapparat von Kommunist:innen unterwandert sei. Zwischen 1950 und 1954 unterhielt McCarthy eine Kampagne von Verschwörungstheorien und Denunziationen angesichts einer vermeintlichen Roten Gefahr, gründete das Komitee für unamerikanische Umtriebe. Er fertigte Listen an, inszenierte Anhörungen und zerstörte viele Karrieren, weil er bei den Menschen die Nähe zum Kommunismus zu spüren vermeinte. Seine Anfänge hatte die McCarthy-Zeit sogar unter dem demokratischen........
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