„Münze Österreich“: Alles Gift, was glänzt?
Gold verbindet Menschen. Symbolisch, indem ein goldener Ring den Bund fürs Leben besiegelt. Digital, indem in Handys und Laptops wenige Milligramm Gold verbaut sind. Abstrakt, indem tonnenschwere Goldreserven Währungen und damit Gesellschaften stabilisieren.
Infolge zahlreicher Krisen boomt Gold, und mit ihm sein Preis. Eine Feinunze (ca. 31 Gramm) ist heute gut 45 Prozent mehr wert als noch vor einem Jahr, nämlich knapp 3.000 Euro. Gold sei „eine hervorragende Wertanlage und gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten beliebt“, wirbt die staatliche Münze Österreich AG auf ihrer Website.
Neben unfassbarem Wert haftet dem Edelmetall stets etwas weniger Glamouröses an: Der Verdacht, dass sich hinter dem schimmernden Schmuckstück ein dreckiges Geschäft verbirgt. Die Liste an Vorwürfen gegenüber Händler:innen, Minenbetreiber:innen und Raffinerien ist lang: Kinderarbeit, Geldwäsche, Schmuggel, Enteignung, vergiftete Flüsse, Ausbeutung, illegale Rodungen, Tote infolge von Grubenunfällen, organisierte Kriminalität.
Erst im April veröffentlichte Greenpeace Deutschland einen Bericht über „Gift-Gold“ aus dem Amazonas. In den letzten Jahren wurden im Zusammenhang mit Goldabbau 42 Quadratkilometer indigenes Gebiet zerstört, Regenwald großflächig abgeholzt und Flüsse mit Quecksilber vergiftet, heißt es im Bericht. Der „wichtigste Umschlagplatz“ dieses Goldes: die Schweiz. Auch Österreich bezieht Gold aus der Schweiz, je nach Quelle mindestens 90 Prozent.
Importiert auch Österreich „Gift-Gold“?
Auf der Homepage der Münze Österreich AG heißt es: „Es versteht sich von selbst, dass wir unser Gold sorgfältig dort beschaffen, wo unsere Partner keine Arbeitskräfte ausbeuten, angemessene Mittel zum Schutz der Umwelt einsetzen und Einnahmen nicht zur Finanzierung illegaler oder ethisch fragwürdiger Absichten verwenden“.
Die WZ hat versucht zu recherchieren, woher das Gold der Münze Österreich tatsächlich kommt. Und, nun ja, „von selbst“ versteht sich da wenig.
Bis das Gold der Münze Österreich hierzulande zum Verkauf steht, hat es bereits einen weiten, verschlungenen Weg hinter sich.
Laut Homepage bezieht die Münze Österreich ihre Goldbarren aus der Schweiz, unter anderem von Argor-Heraeus. Die Raffinerie mit Sitz im Kanton Tessin zählt – neben Valcambi, MKS PAMP und Metalor – zu den Big 4 der Schweizer Goldindustrie. Laut NZZ verarbeitet die Raffinerie pro Jahr Gold im Wert von mehreren Milliarden Euro.
Dass das Gold der Münze Österreich aus der Schweiz stammt, ist jedoch höchstens die halbe Wahrheit. Die Schweiz selbst hat kaum eigene Goldvorkommen, dort wird das Edelmetall lediglich raffiniert. Das heißt, es wird getrocknet, gewogen, untersucht, gereinigt, geschmolzen und zu Barren oder Münzen gegossen.
Aber welchen Weg nahm das Gold, bevor es in die Schweiz kam?
Für EU-Länder gilt seit 2021 die sogenannte Konfliktmineralienverordnung, die Importeure verpflichtet, Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten einzuhalten. Ziel der Verordnung ist: „Die Möglichkeiten bewaffneter Gruppen und Sicherheitskräfte zum Handel mit bestimmten Rohstoffen einzuschränken und damit einhergehende Konflikte und schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden“. Unternehmen wie die Münze Österreich müssen in einem fünfstufigen Prozess nachweisen, wie sie Risiken entlang der Lieferketten identifizieren und möglichst minimieren.
Das Problem: „Oft wird die Schweiz von den Einführern als Herkunftsland des Goldes angegeben, obwohl dieses häufig aus konfliktbelasteten Regionen stammt“, heißt es in einer Studie zur „Umsetzung der EU-Konfliktmineraleverordnung in Österreich“. Und in der Schweiz verliert sich die Spur des Goldes.
Medien und NGOs konnten in........
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