Palästinenser:innen im Westjordanland: Ein Leben in Angst
„Organisierte Gewalt von Seiten israelischer Siedler gehört mittlerweile zum Alltag vieler Palästinenser im Westjordanland“, sagt der Menschenrechtsaktivist Issa Amro, der in der palästinensischen Stadt Hebron lebt. Die Stadt liegt im südlichen Westjordanland und wird von mehr als 200.000 Palästinenser:innen und etwa 800 israelischen Siedler:innen bewohnt, wobei die Siedler:innen unter dem Schutz des schwer bewaffneten Militärs stehen. Die palästinensische Bevölkerung wiederum ist mit erheblichen Einschränkungen konfrontiert, die den Alltag erschweren. Viele Geschäfte, Straßen und Wohnungen in der Altstadt wurden aufgrund der Besatzung geschlossen. Häufige Belästigungen, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durch israelische Streitkräfte schaffen eine anhaltende Atmosphäre der Angst und Instabilität für die lokale palästinensische Bevölkerung. Vergangenen Juni kam neben der Siedlergewalt und dem andauernden Krieg in Gaza eine weitere Sorge hinzu: der Krieg zwischen Israel und dem Iran.
Auch die in Ostjerusalem lebende Palästinenserin Hadeel Amas berichtet von einem Gefühl der ständigen Unsicherheit: „Der jüngste Krieg (zwischen Israel und dem Iran) hat mir bestätigt, dass wir an einem Ort leben, an dem Sicherheit kein Recht für alle ist, sondern ein Privileg, welches nicht jedem gewährt wird.“ Die 24-jährige Studentin lebt in einem arabischen Stadtteil namens Sur Baher. Ihr Haus sei eines der wenigen Häuser dort, das über einen Raum mit verstärkten Wänden verfüge. Trotzdem erfüllt der Raum nicht die heutigen israelischen Sicherheitsstandards, die vorgeschriebenen Schutzraumtüren fehlen nämlich vollständig. Die Familie begibt sich trotz fehlender Türen in diesem Raum, wenn die Sirenen der Stadt erklingen und ein neuer Angriff droht. Eine andere Option haben sie nicht.
Die Raketenbeschüsse aus dem Iran waren auch in palästinensischen Städten im Westjordanland zu sehen. Anders als in Israel gibt es jedoch für die Bevölkerung in den besetzten Gebieten kaum Möglichkeiten, um sich in Sicherheit zu bringen. „Als wir die feuerroten Geschosse am Himmel sahen, konnten wir nicht wirklich etwas unternehmen. Für die meisten Palästinenser:innen hier gibt es keine Schutzräume bei Raketenangriffen“, sagt Issa.
Während das israelische Zivilschutzgesetz seit 1992 vorsieht, dass jedes neugebaute Haus Israels über einen geschützten Raum (Hebräisch: Merkhav Mugan) verfügen muss, ist die palästinensische Minderheit innerhalb der........
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