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Wenn der Postler nicht mehr klingelt

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08.02.2025

Bernhard kannte alle in der Ortschaft. Auf seinem Fahrrad mit den prall gefüllten Taschen und einem freundlichen „Grüß Gott!“ strampelte er von Haus zu Haus. „Wie geht’s dem Knie?“, fragte er hier, „Hat das Enkelkind schon Geburtstag gefeiert?“ dort. Die Menschen freuten sich auf ihn – er brachte nicht nur Briefe und Päckchen, sondern auch Vertrautheit.

Doch eines Tages war Schluss mit der Idylle: Sein Fahrrad musste Bernhard gegen ein E-Auto eintauschen, die Strecken wurden länger, die Pakete schwerer. Kurz vor Neujahr hielt er es nicht mehr aus. Heute rollt ein anderer Postler durch die Straßen der kleinen niederösterreichischen Gemeinde – gehetzt, still, manchmal fahrig. Die Pakete landen oft am falschen Ort, ein Stück Vertrautheit ist verschwunden.

Aber nicht nur in Bernhards ehemaligem Zustellgebiet wächst der Frust.

Lena steht in der Warteschlange in einer Wiener Postfiliale. Heute ist es tatsächlich still hier, denkt sie. Vor Weihnachten sah das noch ganz anders aus: Da wurde geschimpft, weil nur ein Schalter besetzt war, eine Wartezeit von 45 Minuten war keine Seltenheit. Die Post-Angestellten arbeiteten an ihrem Limit – zwischen Beschwerden, beschädigten Paketen oder fehlenden Angaben. In einem Bezirk in Wien wurde die Post von einer ganzen Woche überreicht, weil der Postler überlastet war, hat ihr ein Mitarbeiter gesagt.

Die Post hat sich verändert: Filialen schließen, das Personal wird weniger, die Mitarbeiter:innen schneller ausgetauscht. „Früher waren wir in einer Filiale mehrere Angestellte und wir hatten einen Filialleiter“, erklärt ein Angestellter der Österreichischen Post der WZ. „Und dann werden wir auch noch beschimpft“, sagt eine weitere Post-Angestellte.

Hat die Post ein Personalproblem?

„Ein:e Verbundzusteller:in liefert bis zu 150 Pakete am Tag aus. Paketzusteller:innen haben noch ein weit höheres Tagespensum abzuwickeln“, sagt Richard Köhler, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) und Vorsitzender des Zentralbetriebsrats der Österreichischen Post AG, im Gespräch mit der WZ. 224 Millionen Pakete wurden insgesamt im vergangenen Jahr hierzulande von der Österreichische Post AG transportiert – ein Zuwachs von zwölf Prozent gegenüber 2023. Weltweit erreichte das Unternehmen mit 508 Millionen Paketen einen neuen Rekord. „Vor zehn Jahren waren es knapp 100 Millionen Pakete, seither haben sich die Mengen verfünffacht. Das unterstreicht beeindruckend unsere internationale Marktpräsenz und das Vertrauen unserer Kund:innen“, wird Peter Umundum, Generaldirektor-Stellvertreter und Vorstand für Paket & Logistik der Post kürzlich in einer........

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