Das tödliche Geschlecht
In der Zeit-im-Bild-Sondersendung zum Amoklauf in Graz hat die forensische Kinder- und Jugendpsychiaterin Kathrin Sevecke die Gründe für Amokläufe in folgender Trigger-Triade aufgeschlüsselt:
Erstens die leichte Verfügbarkeit von Waffen. Zweitens eine psychische Grunderkrankung. Drittens „irgendeine akute Kränkung“, die eine „akute emotionale Reaktion“ hervorgerufen hat – eine romantische Zurückweisung etwa, sozialer Ausschluss, Mobbing.
Ein Faktor wird nicht nur im ORF, sondern allgemein in der medialen Berichterstattung (die sich in der Aufarbeitung des Amoklaufes auf keiner Ebene mit Ruhm bekleckert hat ) gerne vergessen. Ein Faktor wird nicht nur um ORF, sondern in der medialen Berichterstattung über Gewalt allgemein auch deshalb vergessen, weil er gemeinhin als so selbstverständlich empfunden wird, dass er überhaupt nicht mehr auffällt. Es ist der folgende Umstand: Die Täter sind Männer.
Ja, manche Amokläufer sind tatsächlich psychisch krank, andere aber auch nicht. Laut einer Studie des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen sind sie sogar „nur in Einzelfällen im klinischen Sinne psychisch gestört.“ Ja, manche Amokläufer erleben akute Kränkungen, manche werden gemobbt, andere aber auch nicht. Manche werden zurückgewiesen, andere nicht, manche imaginieren sich lediglich in der Rolle des zurückgewiesenen Opfers. Eines zieht sich aber durch, egal ob gemobbt oder nicht, egal ob psychisch krank oder nicht, egal ob zurückgewiesen oder nicht: So gut wie immer sind die Täter Männer.
Alle Erhebungen und Studien zum Thema belegen bei Amokläufen einen Männeranteil von deutlich über 90 Prozent. Ein © Wiener Zeitung
