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Alltag im Grazer Gemeindebau

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23.08.2025

Lucy thront auf dem Schoß von Sabine (53) mit dem hellroten Buzzcut. An der bellfreudigen Zwergpinscher-Chihuahua-Mischung kommt niemand ohne ein paar Streicheleinheiten vorbei. Lucy ist das inoffizielle Maskottchen der Laudongasse 3. Der Gemeindebau gelben Hauswänden in der Nähe des Grazer galt lange Zeit als Problemadresse. Von herumliegenden Spritzen, alkoholisierten Randalierern und schlafenden Obdachlosen im Keller ist in den Schlagzeilen die Rede.

An diesem Montag sitzt Lucys Besitzerin Sabine zusammen mit Gitti und zwei anderen Hausbewohner:innen rund um den Holztisch vor der Eingangstür. Cola, Red Bull und Zigaretten liegen vor ihnen. Am Eingangsbereich prangen Graffiti, die zwei Dutzend Klingelschilder sind teils vergilbt oder verrutscht. „Der Kaffee ist schon aufgesetzt“, ruft Viktoria Fröhlich in Richtung Tisch. Sie gehört zum Team Mobile Stadtteilarbeit vom städtischen Friedensbüro. Ihr Kollege Alex Mikusch hält ein Plastiksackerl in der Hand. Darin „Salatpflanzerln, acht Stück, direkt vom Markt“ – für die Hochbeete vorm Haus. Zusammen mit den Bewohner:innen wollen Viktoria und Alex das Zusammenleben in Grazer Gemeindebauten verbessern.

Montags und donnerstags verbringen sie je zwei Stunden in der Siedlung Laudongasse, seit mittlerweile mehr als zwei Jahren. Da wird dann zum Beispiel „zamhuckt“, erzählt Sabine, die derzeit von Beihilfen lebt, etwa ihrer Halbwaisen-Pension. Seit letztem Jahr wohnen sie und Hündin Lucy im dritten Stock, in einer der 36 Wohnungen im Gemeindebau. Manche wohnen hier allein, manche zu zweit, auch drei Familien mit Kleinkindern sind eingezogen.

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Sabine hat sich zuerst nicht getraut, sich beim Projekt des Friedensbüros zu beteiligen. Sie beschreibt sich selbst als eher introvertiert. Gitti hat sie dann dazugeholt. Die 56-Jährige ist von Anfang an dabei. Stolz zeigt sie den Gemeinschaftsraum mit der Küche her, jeden zweiten Donnerstag wird gekocht. Auch Sommer- und Herbstfeste, Filme- und Spieleabende und Vorträge – zum Beispiel über Mobbing oder Ernährung – haben schon stattgefunden. Jeden Monat gibt es einen Plan mit Angeboten.

Gitti lebt seit 2009 in der Laudongasse, sie hat ihren Partner hier kennengelernt und wohnt inzwischen mit ihm zusammen. In ihrer Vergangenheit war sie Alkoholikerin, nun ist sie seit drei Jahren trocken und restauriert in einer geringfügigen Beschäftigung Möbel. Es hat sich vieles geändert, seitdem das Friedensbüro da ist, sagt sie.........

© Wiener Zeitung