Die, die mit bewaffneten Rebellen reden
„Wenn du mit einem Helikopter im Dschungel landest, weiß jeder sofort, dass du da bist. Das ist für viele bewaffnete Gruppen ein No-Go“, sagt Alexandre Munafò, Leiter des Global Engagement bei Geneva Call. Geneva-Call-Mitarbeitende reisen unauffällig, manchmal tagelang, um überhaupt ein Gespräch führen zu können. Sie kommen auf Motorrädern, haben Broschüren dabei und wollen erstmal einfach reden. Viele Details ihrer Arbeit sind geheim, zum Schutz ihrer Einsatzkräfte – doch einiges konnte man der WZ preisgeben.
Die Schweizer NGO redet mit nichtstaatlichen bewaffneten Akteuren, wie sie bei Geneva Call genannt werden, also Gruppen, die in Bürgerkriegen oder Konflikten kämpfen, aber keiner offiziellen Regierung angehören. Sie unterliegen ebenfalls dem humanitären Völkerrecht, doch es gab lang kaum Möglichkeiten, sie überhaupt dazu zu bringen, sich daran zu halten. Deshalb wurde Geneva Call gegründet.
Die NGO nutzt eine Vielzahl von Instrumenten, die im humanitären Völkerrecht verankert sind, um das Verhalten bewaffneter nichtstaatlicher Akteure zu verändern und deren praktische Einhaltung humanitärer Normen zu fördern.
Eines dieser Instrumente sind sogenannte „Deeds of Commitment“ – formelle Selbstverpflichtungserklärungen, in denen sich bewaffnete Gruppen dazu verpflichten, bestimmte humanitäre Grundsätze einzuhalten, etwa das Verbot von Landminen oder den Schutz von Kindern.
Geneva Call ist in vielen Krisenregionen unterwegs, wo Staaten längst den Rückzug angetreten haben – und bewaffnete Gruppen das Sagen haben. Egal, ob in Syrien, Afghanistan, Sudan oder Myanmar: Überall dort reden die Leute von Geneva Call mit Milizen, Rebellen und de-facto-Machthabern. In Syrien zum Beispiel waren sie mit über 35 Gruppen im Gespräch. In Afghanistan sind sie selbst nach der Machtübernahme der Taliban geblieben. Auch im Jemen, im Kongo oder in Kolumbien sind sie aktiv.
Ihr vorrangiges Ziel: der Schutz von Zivilpersonen – zum Beispiel durch das Stoppen der Rekrutierung von Kindersoldaten, den Schutz von Zivilisten, die Beendigung des Einsatzes von Antipersonenminen oder den Schutz medizinischer Einrichtungen und des medizinischen Personals. Geneva Call geht dahin, wo es........
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