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„Politik Backstage“: Zweikampf auf der türkisen Titanic

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03.05.2025

Michael Ludwig war die Anspannung vor der Präsentation der ersten Hochrechnung diesen Sonntag kurz vor halb sieben Uhr Abend anzusehen. Gut eine Stunde zuvor hatte eine – von mehreren TV-Sendern und der APA finanzierte – Trend-Prognose den Rathaus-Roten mit 37 Prozent noch ein Minus von rund fünf Prozentpunkten prophezeit. Die FPÖ hätte sich demnach nicht nur mehr als verdreifacht, sondern mit 23,5 Prozent auch gegenüber dem jüngsten Nationalratswahl-Ergebnis in Wien klar zugelegt. Damit schien auch Ludwigs Wunschkoalition mit den Pinken mangels Mandatsmehrheit geplatzt.

Die Trend-Prognose, die sich auf einen Mix mehrerer Umfragen bis zum Vorabend der Wahl stützte, traf mehrfach daneben.

Die erste ORF-Hochrechnung taxierte die SPÖ mit knapp unter 40 Prozent, die FPÖ mit knapp über 20 Prozent. Die Roten hatten es also noch einmal geschafft, den größten politischen Rivalen bei rund der Hälfte der eigenen Stimmen mehr als auf Respektabstand zu halten. Michael Ludwig, der öffentlich so gut wie nie persönliche Emotionen zeigt, hatte feuchte Augen, als die erste aktuelle Trend-Prognose live zur Makulatur erklärt wurde.

Grund zu feiern hatte nicht nur die Nummer eins, sondern auch die bisherige Nummer fünf im Wiener Rathaus. Die Neos verwiesen den bislang bürgerlichen großen Bruder ÖVP in Wien auf den letzten Platz. Die Pinken haben es mit zehn Prozent der Stimmen zudem geschafft, aus der undankbaren Position des Juniorpartners in einer Koalition 2,5 Prozentpunkte zuzulegen. Sie sehen sich so auch in einer noch besseren Ausgangsposition, fünf weitere rot-pinke Jahre anzuhängen.

„Ein Desaster für die ÖVP war nicht nur das Wahlergebnis“, resümiert ein ÖVP-Insider mit ausgiebiger Regierungserfahrung. Dass die ÖVP-Wien nach der „Verengung auf einen reinen FPÖ-Light-Wahlkampf nicht reüssieren wird, war eigentlich für niemanden eine wirkliche Überraschung“, so ein erfahrener Wahlstratege im Regierungsviertel.

Ernüchterung und Kopfschütteln löste auch der Umgang der ÖVP damit um. „Diese absehbare Niederlage war die erste Bewährungsprobe für Christian Stocker als ÖVP-Chef. Er hat alles andere als Leadership gezeigt“, resümiert der ÖVP-Insider: „In so einer Situation ruft der Parteiobmann spätestens nach der ersten Hochrechnung Karl Mahrer........

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