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„Politik Backstage“: Szenen einer Muss-Ehe

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08.03.2025

Angelobungen von neuen Ministern und ganzen Regierungen sind für Alexander Van der Bellen in seinem neunten Jahr als Hausherr in der Hofburg längst Routine.

Der Aufmarsch der ersten türkis-rot-pinken Dreierkoalition ist angesichts einer Rekordzahl von 21 Regierungsmitgliedern zumindest zu einer logistischen Herausforderung geworden.

Weil jedes Kabinettsmitglied an diesem auch persönlich großen Tag bis zu fünf Angehörige mitnehmen darf, muss das Gros der Verwandten mit der ORF-Live-Übertragung im der eigentlichen Zeremonie nächstgelegenen Spiegelsaal vorliebnehmen. Nur die engsten Angehörigen von Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger und einer Handvoll Minister (penibel pro Fraktion aliquotiert) finden im Maria-Theresien-Saal Platz, um die Angelobung hautnah mitzuerleben. Mit dabei auch Bablers Frau Karin Blum, begleitet von Tochter Flora und dessen Vater Werner.

Dass Spitzenpolitiker sich am liebsten mit nahen Angehörigen in den eigenen vier Wänden austauschen, ist naheliegend, lehrt sie doch bald die Erfahrung: Alles, was im Regierungsviertel über ein Selbstgespräch hinausgeht, bleibt selten ein Geheimnis.

Im Fall von Ex-ÖVP- und -Regierungschef Karl Nehammer ging das im Laufe seiner drei Kanzlerjahre weit über den häuslichen Meinungsaustausch hinaus. Wer in der ÖVP eine Idee oder einen Personalwunsch platzieren und auch durchsetzen wollte, wusste: Im vielstimmigen Konzert der Schwarz-Türkisen zählt am Ende vor allem eine Stimme – die der gelernten Marketing und PR-Fachfrau Katharina Nehammer.

Die Partnerin des neuen SPÖ-Vizekanzlers, Karin Blum, sagen langjährige Kenner von Andreas Babler, spielt politisch eine zumindest ebenso gewichtige Rolle. Der SPÖ-Chef treffe keine wichtige Entscheidung ohne sie, in vielen Fragen gebe sie von sich aus den Kurs vor. Etwa bei Bablers Mantra vom Kampf um Kinderrechte und eine Kindergrundsicherung. Beobachter des jüngsten Wahlabends vom 29. September haben bleibend in Erinnerung, dass Karin Blum den gescheiterten SPÖ-Kanzlerkandidaten zu allen seinen Interviews in der Wahlzentrale im Parlament begleitete, sich aber vor den Kameras diskret im Hintergrund hielt.

Karin Blum, so SPÖ-Insider, stand auch dafür Pate, dass der Parteichef nach dem Desaster am Wahlabend ernsthaft überlegte, sein Heil in fünf weiteren Oppositionsjahren zu suchen. Das rote Duo Blum & Babler hatte diesmal aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Michael Ludwig hatte den Wahlsonntag genutzt, alle wichtigen Entscheidungsträger in Partei und Gewerkschaft auf die Parole einzuschwören: Die SPÖ macht nach sieben Jahren auf dem Trockendock der Opposition wieder klar Schiff Richtung Regierung.

Der SPÖ-Chef musste zur Kenntnis nehmen, dass diesmal die wahren Machthaber in der Partei besser vorbereitet waren als vor zwei Jahren im Zweikampf zwischen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil. Als die Favoritin der Wiener SPÖ und der Gewerkschafter scheiterte, setzten die tonangebenden Roten pannen-, aber erfolgreich auf den, per Basis-Initiative überraschend neu ins Spiel gebrachten, ewigen linken Außenseiter Babler – allein um den verhassten Burgenländer zu verhindern.

Der 52-Jährige, der es SPÖ-intern trotz vieler Anläufe nicht weiter als zum Bürgermeister von Traiskirchen gebracht hatte, erwies sich in den Augen seines mächtigsten Unterstützers aber zuletzt als besonders undankbar. Für den zweiten Anlauf zu einem Koalitionspakt hatte Michael Ludwig im SPÖ-Präsidium höchstpersönlich durchgesetzt,........

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