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„Politik Backstage“: Last Exit Bürgermeister-Koalition

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21.02.2025

Am 3. Jänner saß ÖGB-Chef Wolfgang Katzian bereits in der AUA-Maschine nach Washington, als „Breaking News“ ganz Österreich aus der nachweihnachtlichen Ferienstimmung rissen. SPÖ-Bundes-geschäftsführerin Sandra Breiteneder informierte den Gewerkschaftsboss via Handy, dass Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger die Verhandlungen für eine Dreierkoalition platzen lässt.

Der Gewerkschaftsvertreter im sechsköpfigen roten Spitzenverhandler-Team wurde wie alle Beteiligten vom überraschenden Ausstieg der Pinken aus dem Koalitionspoker auf dem falschen Fuß erwischt, machte aber keine Anstalten, seine Reisepläne platzen zu lassen. „Es war lange geplant, dass ich als Sprecher bei einem internationalen Panel der amerikanischen Gewerkschaft in die USA reise“, ließ er bei seiner Rückkehr nach zehn Tagen trocken wissen. Der 68-jährige ÖGB-Vorsitzende ist stolz darauf, 2023 auch zum Chef der Europäischen Gewerkschaft gewählt worden zu sein, sagen ÖGB-Insider, und kostet die Freude an diesem Job, wo immer er kann, aus.

Am Tag danach platzte dann auch die Option Zweierkoalition. Der finale Crash beim gescheiterten Anlauf zur Rückkehr der SPÖ in Regierungsämter zum Dreikönigswochenende hat auch bei Wolfgang Katzian nachhaltig Spuren hinterlassen. In einer solchen Situation einen Trip zu einem Kongress nicht sofort abzubrechen und zu retten zu versuchen, was noch zu retten ist, trug Katzian hinter seinem Rücken die Nachrede ein: Seine Vorgänger im ÖGB hätten ihren Job als tragende Säulen der Republik weitaus ernster genommen als der amtierende Gewerkschaftschef.

Abseits persönlicher Befindlichkeiten ließ diese Episode im Regierungsviertel auch generell Zweifel sprießen, ob die gerade in Krisenzeiten viel beschworene Sozialpartnerschaft noch eine entscheidende Rolle in der Politik spiele.

Der dritte Anlauf zu einer möglichen Regierung bald fünf Monate nach der Nationalratswahl am 29. September 2024 wird damit auch zum ultimativen Härtetest eines Gründungsmythos der Zweiten Republik: der tatsächlichen Tragfähigkeit der nicht nur bei Lohnverhandlungen, sondern bislang auch in vielen politischen Krisen bewährten Achse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

„Das Verhältnis zwischen den Sozialpartnern war in den letzten Jahren ziemlich gestört. Jeder hat sich vor allem um seinen eigenen Schrebergarten gekümmert. Einige sind nur noch am persönlichen Profilierungstrip“, so ein Spitzengewerkschafter und langjähriger Insider des Sozialpartner-Alltags. „Bei den Kollektivverträgen funktioniert alles nach wie vor sehr gut, aber es gibt nur noch wenige, die über den Tellerrand hinausblicken.“ Seit Mitte Februar auch die – vor allem von namhaften Repräsentanten der Industriellenvereinigung forcierte – blau-schwarze Koalitionsoption perdu war, sehen sich beide Sozialpartner-Lager über Nacht wieder gefordert.

„Wir werden uns jetzt mit dem Wolfgang Katzian zusammensetzen und im Vorfeld an Lösungen arbeiten“, proklamierte unmittelbar danach ein prominenter Wirtschaftsbündler. Wolfgang Katzian formuliert das hinter den Kulissen gerne so: „Wir werden das alles jetzt durchrütteln und schauen, was dabei am Ende herauskommt.”

Mit Christian Stocker und Andreas Babler sollen zwei gelernte Kommunalpolitiker die Führung der krisengebeutelten Republik übernehmen. Der gelernte Rechtsanwalt Stocker stieg erst 2019 mit Ende 50 als ÖVP-Nationalratsabgeordneter in die politische Bundesliga ein. Davor war er Gemeinderat und zuletzt auch Vizebürgermeister in Wiener Neustadt.

Babler, der dieser Tage 52 Jahre wird, hat es trotz großen Sendungsbewusstseins wegen großer........

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