Schwarz-Rot auf dem Weg zum Wahrheits-Ministerium?
Artikel vom 31.03.2025
Das Verhandlungspapier von Union und SPD fordert ein Vorgehen gegen "falsche Tatsachenbehauptungen". Aber wer soll urteilen, was wahr und was unwahr ist? Zudem argumentiert das Verfassungsgericht differenzierter
Im Verhandler-Papier der Koalition heißt es: „Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt.“ Die Folge: „Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können.“
Bereits im Sondierungspapier von SPD und CDU hatte es geheißen: „Die gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie die inzwischen alltägliche Desinformation und Fake News sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In Zeiten geopolitischer Spannungen müssen wir entschiedener denn je dagegen vorgehen.“ Deshalb wolle man den Digital Services Act (DSA) der EU auf nationaler Ebene konsequent umsetzen.
Nun heißt es in einem Papier der Arbeitsgruppe „Kultur und Medien“, dass „die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt sei. Deshalb soll die Medienaufsicht auf "Basis klarer gesetzlicher Vorgaben" gegen Informationsmanipulation vorgehen können. Doch die „Staatsferne“ der Medienaufsicht kann man dabei ebenso wenig ernst nehmen wie die „Staatsferne“ des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks.
Der Satz, die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen sei durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt, bezieht sich offenbar auf einen Satz in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. November 2011. Dieser Beschluss verteidigt die Meinungsfreiheit mit klaren Worten. Es ist kennzeichnend, dass im Koalitionspapier ausgerechnet der Satz zitiert wird, der diese Freiheit einschränkt. Deshalb möchte ich hier aus dem Beschluss im Zusammenhang ausführlicher zitieren:
„a) Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind zum einen Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (vgl. BVerfGE 90, 241 ; 124, 300 ). Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. BVerfGE 61, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ). Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die........
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