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Kampfzone Ost: Wo Ministerpräsidenten gehärtet wurden

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13.04.2025

Die Morgensonne schien warm, aber nicht zu warm auf die Pyramiden von Gizeh. Ein paar Vögel verrichteten auf dem Kopf der Sphinx ihre Toilette und schwatzten miteinander. Touristen waren noch kaum zu sehen, nur eine kleine Kolonne aus schwarzen Limousinen und weißen Kleinbussen, nebst einem Polizeimotorrad.

Inmitten dieses weltwunderlichen Arrangements stand ein Mann, der genau so aussah wie der Regierungschef des Freistaats Sachsen, nur dass er ein untypisch entspanntes Lächeln im Gesicht trug. Im Gegensatz zu seinem sonstigen öffentlichen Erscheinungsbild wirkte Michael Kretschmer tatsächlich zufrieden mit sich und dieser absurden Welt. Fast erschien er mir, ja, ich wage ein großes Wort: befreit.

Doch so schön der Moment auch war, er würde nicht verweilen. Er markierte bloß das Ende einer Dienstreise, die summa summarum 48 Stunden währte, inklusive jener acht Stunden, in denen sich Kretschmer in einen Economy-Sitz von Egypt Air quetschte.

Der Ministerpräsident traf den Premier, den Außenminister und den Bildungsminister, besuchte ein Arbeitsmigrationsprojekt, schaute im Büro der Adenauer-Stiftung vorbei – und, dies war der eigentliche Anlass des Ausflugs, eröffnete die Sächsisch-Ägyptische Universität, die eher, was ausdrücklich kein Schaden sein muss, wie ein IHK-Ausbildungszentrum wirkte und die, so Allah will, demnächst Ingenieure und Ärzte gen Radeberg oder Crimmitschau entsenden soll.

Dafür also war Kretschmer in blaulichtbegleiteter Eile Hunderte Kilometer durch das Zehn-Millionen-Kairo und seine halbfertigen Millionen-Nebenstädte gezerrt worden. Er hatte Reden gehalten und Interviews gegeben und ansonsten zugehört. Und zugehört. Und zugehört. Dazwischen fingerte er auf seinem Handy herum, um aus der afrikanischen Ferne die östlichen CDU-Interessen im Koalitionsvertrag zu platzieren.

© stern