Wie Trump den Kapitalismus bedroht
Als US-Finanzminister Scott Bessent diese Woche vor Vertretern von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IMF) sprach , sagte er einen Satz, der Stirnrunzeln hervorgerufen haben dürfte: »America first«, so Bessent, bedeute doch nicht »Amerika allein«.
Christian Stöcker, Jahrgang 1973, ist Kognitionspsychologe und seit Herbst 2016 Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Dort verantwortet er den Studiengang Digitale Kommunikation. Vorher leitete er das Ressort Netzwelt bei SPIEGEL ONLINE.
Das stellt sich insbesondere für die Verbündeten der USA doch deutlich anders dar. Trump droht ja nicht nur offen, Territorium einstmals befreundeter Nationen zu annektieren, die Nato-Partner im Stich zu lassen oder die Ukraine an Russland auszuliefern. Er hat mit seinem Zollchaos auch dafür gesorgt, dass eine globale Rezession jeden Tag wahrscheinlicher wird.
Die Trump-Regierung will trotzdem allen anderen deren Arbeit erklären, auch Weltbank und IMF: Bessent flankierte seinen seltsamen Satz mit neuen, sehr einsamen Forderungen.
Der IMF, so Bessent, solle doch eigentlich »globale monetäre Kooperation und finanzielle Stabilität« schützen, also zwei Aspekte der internationalen Ordnung, die Trump Tag für Tag weiter unterminiert. Stattdessen, so der US-Finanzminister, investiere der Währungsfonds jetzt »unverhältnismäßige Mengen von Zeit und Ressourcen für die Themen Klimawandel, Gender und soziale Belange«.
Auch die Weltbank solle sich um ihre »Kernmission« kümmern und »technikneutral« preisgünstige Investitionen in Energie priorisieren. Das würde »in den meisten Fällen bedeuten, dass in Gas und andere auf fossilen Brennstoffen basierende Energieproduktion« investiert werde, behauptete Bessent. »In anderen Fällen« könne es aber auch bedeuten, in erneuerbare Energien zu investieren, »verknüpft mit Systemen, die helfen, die Wechselhaftigkeit von Wind und Solarenergie zu bewältigen«.
Bessents Äußerungen sind gleich in mehrfacher Hinsicht entlarvend.
Zunächst einmal ist es schlicht falsch, dass kostengünstige Energieinfrastruktur »in den meisten Fällen« fossile Infrastruktur wäre. Das stimmt schon deshalb nicht, weil Strom aus Gaskraftwerken schon jetzt ungleich teurer ist als erneuerbar hergestellter. Nicht zuletzt wegen der Notwendigkeit, fehlende Kapazitäten mit Gas auszugleichen, sind die deutschen Strompreise ja vergleichsweise hoch. Dazu kommt, dass das Verbrennen von........
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