Apps zur Altersbeschränkung schaffen kein sicheres Internet
Kinderschutz im Internet ist ein Thema, bei dem mittlerweile die meisten innerlich schreiend den (virtuellen) Raum verlassen. Denn immer, wenn Sicherheitsbehörden oder konservative Politiker*innen digitale Grundrechte im Netz einschränken, muss Kinderschutz als Vorwand herhalten. Die Auseinandersetzungen um die Vorratsdatenspeicherung oder die Chatkontrolle sind nur zwei Beispiele.
Sicher: Von Cyber-Mobbing und der unerwünschten Kontaktaufnahme durch Erwachsene bis zu den Auswirkungen von Influencer-Aktivitäten und der Darstellung als Sexualobjekte gibt es viel, wovor Kinder und Jugendliche geschützt werden müssen und wollen. Doch es wird viel mehr darüber geredet, wie Kindern und Jugendlichen der Zugang zu gefährlichen Inhalten verwehrt werden kann, als darüber, wie eine digitale Welt gestaltet sein müsste, die für alle ein angenehmerer Ort wäre.
Und so geht es viel um Verbote von Smartphones in Schulen und um technische Methoden, um das Alter derjenigen festzustellen, die im Netz unterwegs sind. Dabei müsste eigentlich allen klar sein, dass Verbote eher neugierig machen und den Ehrgeiz wecken, sie zu umgehen. Wenn Kindern und Jugendlichen im Netz dann allerdings Dinge begegnen, die traumatisierend oder gefährlich sind, wird es für sie viel schwerer, sich Hilfe zu holen, weil das Ganze ja verboten war und sie Bestrafung befürchten müssen. Das unterscheidet sich im Prinzip nicht von anderen gefährlichen Situationen. Verbote bewirken oft das Gegenteil von dem, was sie beabsichtigen
Anne Roth gehört zu den Pionierinnen linker Netzpolitik. Für »nd« schreibt sie jeden ersten Montag im Monat über digitale Grundrechte und feministische Perspektiven auf Technik.
Technische Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass bestimmte Inhalte oder Apps erst ab 18 zugänglich sind, werden verstärkt diskutiert, seit das europäische Plattformgesetz(Digital Services Act) explizit vorschreibt, dass »Anbieter von Online-Plattformen, die für Minderjährige zugänglich sind, [...] geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen [müssen], um für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen innerhalb ihres Dienstes zu sorgen«.
Das klingt zunächst durchaus vernünftig. Um aber Minderjährigen Privatsphäre........
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