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Genug der deutschen Scheinheiligkeit und Schamlosigkeit – Gaza und die deutschen Krokodilstränen

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12.06.2025


Wie lange kann und will man das israelische Regime noch als „einzige“ Demokratie im Nahen Osten bezeichnen? Dieses Regime wurde zwar demokratisch gewählt, aber was heißt das schon? Eine Demokratie besteht nicht nur aus Wahlen, sondern auch aus Wählern. Wenn also 82% dieser Wähler die Ausrottung und ethnische Säuberung Palästinas befürworten und den Gazakrieg mit allen Konsequenzen unterstützen, dann hat das mit Demokratie und demokratischem Verständnis nichts mehr zu tun. Was also ist von den fast täglichen Demonstrationen gegen Netanjahu zu halten, die für die Geiselbefreiung der Gefangenen der Hamas und ein Ende des Gazakriegs demonstrieren?

Keine Logik mehr im israelischen Vorgehen?

Wenn also theoretisch alle Geiseln befreit wären „tot oder lebendig“ und Netanjahu den Krieg, seinen persönlichen Rachefeldzug gegen Palästinenser und gegen die Hamas, sofort wieder aufnehmen würde und mit den täglichen Bombardierungen gegen wehrlose zivile Palästinenser fortfahren würde, um sein politisches Fortbestehen zu sichern, gäbe es dann auch noch tägliche Demonstrationen gegen den Krieg?

Was also treibt Deutschland an, weiter dieses Regime zu unterstützen? Militärisch wie mental? Wie unglaubwürdig wirkt also die Kritik von Kanzler Merz an Netanjahu und seiner Regierung? „Er sehe keine Logik mehr im israelischen Vorgehen, wie sie dem Ziel dienen, den Terror zu bekämpfen und die Geiseln zu befreien“.

Allerdings hatte Merz zuvor in einem Telefonat mit Netanjahu bekräftigt, „dass die Sicherheit und das Existenzrecht Israels Teil deutscher Staatsräson seien. Merz verurteilte den Terror der Hamas. Diese müsse alle Geiseln freilassen und die Waffen niederlegen. Außerdem betonte Merz, dass es dringend erforderlich sei, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen und deren sichere Verteilung zu gewährleisten. So gut so schön, aber was sagen diese Worte aus, angesichts eines Außenminister Wadephul, der sich zwar gegen eine „Zwangssolidarität mit Israel“ wandte und eine Überprüfung der Waffenexporte ankündigte?

Wo bleibt die gelebte Menschlichkeit in Deutschland?

Als dann aber der israelische Kollege Gideon Saar zu Besuch nach Berlin kam, außerte Wadephul zwar scharfe Kritik am Siedlungsbau im Westjordanland, aber sicherte Israel weitere Waffenhilfe zu, verlangte aber rasche humanitäre Hilfe. Auch stellte er das Assoziierungsabkommen, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nicht in Frage. Mit dem gemeinsamen Besuch am Holocaustmahnmal konnte sich der israelische Kollege nochmals „aufplustern“. Saar kritisierte, 80 Jahre nach dem Holocaust scheine es, als ob die Lehren daraus vergessen seien. Der Antisemitismus würde sich heute ungehindert auf der Welt und insbesondere auf europäischem Boden ausbreiten. Was für eine Hasbara-Verdrehung! Ja, es gibt einen Anstieg von anti-israelischen Vorfällen, die aber nichts mit Antisemitismus zu tun haben und die dem israelischen Regime immer wieder als Ablenkungsmanöver für die Vertuschung ihrer Verbrechen dienen.

Es ist schon ein kleiner Lichtblick, wenn auch die deutsche Debatte über Waffenlieferungen und Beziehungen zu Israel sich intensiviert. Schließlich hat die Bundesregierung seit dem 7. Oktober 2023 Waffenexporte für mehr als 485 Millionen Euro an Israel genehmigt. Nun kommen verstärkt die........

© Neue Rheinische Zeitung