Italien: Arbeiter:innen und Jugend im Kampf für Palästina. Wie kann die Mobilisierung ausgeweitet werden?
Im Folgenden veröffentlichen wir einen übersetzten Artikel unserer Genoss:innen der Frazione Internazionalista Rivoluzionaria (FIR) aus Italien, der auf ihrer Website La Voce Delle Lotte veröffentlicht wurde. Dieser befasst sich mit der neuen Dynamik, die sich in den letzten Wochen in Italien mit der Konvergenz von Aktionen, Blockaden und Streiks von Arbeiter:innen und Studierenden in Solidarität mit Palästina entwickelt hat, und mit den Perspektiven der Bewegung.
Mit einer beispiellosen Zusammenkunft der Gewerkschaft USB und dem Gewerkschaftsverband CGIL, zwei Generalstreiks und einer riesigen nationalen Demonstration sowie unzähligen lokalen Kundgebungen kam Italien in den letzten Wochen mehrfach für Palästina zum Stillstand. Häfen, Bahnhöfe, Straßen, Schulen und Universitäten wurden blockiert, überall fanden Massenkundgebungen statt. Millionen von Arbeiter:innen und Jugendlichen strömten an Tagen der Mobilisierung auf die italienischen Straßen und markierten damit den Beginn einer neuen Phase des Klassenkampfs. Diese Explosion des Kampfes beeindruckt durch den Wandel, den sie gegenüber der jüngsten Vergangenheit mit sich bringt, insbesondere durch das Aufkommen einer neuen Protagonistenrolle von Arbeiter:innen durch die Hafenarbeiter:innen-Kollektive und die Synergie mit Sektoren der Jugend und Studierendenschaft. Nun besteht die große Herausforderung darin, diesen neuen freigesetzten Energien eine Struktur und eine strategische Ausrichtung zu geben, um den Waffenhandel mit Israel zu stoppen und Sanktionen gegen den zionistischen Staat zu erringen, aber auch neue Machtverhältnisse in der Gesellschaft zugunsten der Arbeiter:innenklasse zu festigen. Wir wollten Palästina helfen, sich zu befreien, aber Palästina hilft uns, uns zu befreien.
Nach dem Generalstreik, der am 22. September von der Gewerkschaft USB ausgerufen und von der CGIL-Bürokratie unter Maurizio Landini in beschämender Weise boykottiert wurde, haben die Empörung und Wut über die Verbrechen Israels und die westliche Unterstützung des Völkermords weiter zugenommen, angeheizt durch den Angriff auf und die Verhaftung von Aktivist:innen der Global Sumud Flottilla. Immer mehr Vorlesungen an Universitäten und Schulen wurden blockiert, die Hafenarbeiter:innen von Genua riefen alle Hafenarbeiter:innen Europas und des Mittelmeers dazu auf, sich zusammenzuschließen und eine internationale Blockade gegen die Regierungen zu organisieren, die sich mitschuldig am Völkermord machen. Palästina ist in den Augen von Millionen von Arbeiter:innen und Studierenden zu einem symbolischen Fall geworden, der alle Ungerechtigkeiten des zeitgenössischen Kapitalismus repräsentiert und somit als Katalysator für einen umfassenderen Kampf wirkt, bis hin zur Aufhebung des zwanzigjährigen Stillstands im italienischen Klassenkampf.
Dank der Anklage und der militanten Blockade des Waffenhandels wurden die Regierungen der imperialistischen Länder durch die Massenmobilisierung, die sich von Italien aus auf mehrere Länder der Welt ausgebreitet hat, in die Enge getrieben: Die westliche Unterstützung für die Maschinerie des israelischen Völkermords gegen die Palästinenser:innen ist offensichtlich, der König musste sich entblößen und seine Kleider ablegen.
Der Streik vom 3. Oktober und die landesweite Demonstration am folgenden Tag markierten einen wichtigen Bruch: Der enorme Druck von unten, der sich in den Tagen zuvor aufgebaut hatte, zwang die Gewerkschaft CGIL, sich mit der Basisbewegung zu verbünden, um die Blamage vom 22. September wiedergutzumachen, was zu einem der wichtigsten zweitägigen Kämpfe der letzten Jahrzehnte führte. Die Einheit zwischen CGIL und USB auf den Straßen und im Streik erwies sich als Notwendigkeit und zeigte die Tiefe eines Wandels in der Subjektivität und Stimmung der Massen, die sich kurzfristig kaum abschwächen dürfte. Einerseits hat die lange politische und soziale Stagnation in Italien zu Spannungen geführt, die im Laufe der Zeit mit voller Wucht explodierten: Die offen reaktionäre Phase der rechtsextremen Regierung von Fratelli d’Italia, verbunden mit dem Scheitern und der Diskreditierung der institutionellen Linken, trug dazu bei, eine weit verbreitete Wut zu schüren.
Eine zentrale Rolle in dieser Phase spielte eine stark prekarisierte Jugend: Viele sind arbeitende Studierende, andere sind Kinder von Migrant:innen der ersten oder zweiten Generation, die sich mit einer Regierung konfrontiert sehen, die mit aggressiv rassistischen und patriarchalen Parolen minimale Sozialleistungen wie das Grundeinkommen und Mittel für Bildung und Gesundheit kürzt. Für alle stehen der Widerstand Palästinas und die internationalistische Aktion der Global Sumud........
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