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Über Wasser halten

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29.01.2025

Dem Tod, sagt Mean Cheang (Titelbild), sei er nur knapp entkommen. 1979 sei das gewesen, im Dschungel von Kambodscha. Der Tod schoss in Form einer Granate durch die Luft und bohrte sich in seinen Oberschenkel. Cheang, 69 Jahre alt, hockt auf einem blau gestrichenen Boot vor seiner Hütte. Er ist einer von mehreren Zehntausend Menschen, die in einem schwimmenden Dorf auf dem Tonle Sap in Kambodscha leben, dem größten Süßwassergewässer Südostasiens.

Cheang überlebte die Schreckensherrschaft der Roten Khmer, eine Guerillabewegung, die von 1975 bis 1979 das Land totalitär regierte. Er überlebte eine Schusswunde, kämpfte gegen die Vietnamesen, doch gegen den größten Gegner seines Lebens kann er nichts ausrichten: die Zerstörung seiner Heimat.

Der Tonle Sap ist einer der fisch- und artenreichsten Seen der Welt. Er ist Lebensraum und Nahrungsquelle für viele Menschen, die wie Cheang dort in den schwimmenden Häusern wohnen, und viele weitere. Nach Angaben der World Conservation Society Cambodia decken die Tiere aus dem Tonle Sap 60 Prozent des Eiweißbedarfs der kambodschanischen Bevölkerung.

Trotz seiner Bedeutung ist der Tonle Sap durch Klimawandel, Umweltzerstörung und den Bau von Staudämmen bedroht. Das rasante Bevölkerungswachstum des Landes fördert zudem die Überfischung und die illegale Fischerei, was wiederum die Artenvielfalt des Sees gefährdet. Gibt es noch Hoffnung für die Bewohner des Tonle Sap?

„Der Fang heute war schlecht“, sagt Cheang und nimmt einen Fisch, kaum größer als seine Handfläche, aus seinem Korb. Mit dem Finger deutet er auf die Länge seines Unterarms. „Früher waren die Fische so groß.“ Das Leben hier draußen, sagt Cheang, sei noch nie einfach gewesen, aber in den vergangenen Jahren werde es immer beschwerlicher.

Wer die Probleme auf dem Tonle Sap verstehen möchte, muss flussaufwärts blicken. Insgesamt elf große Staudämme hat China seit den Neunzigerjahren entlang des Mekong gebaut, um Energie zu erzeugen. Zwei weitere wurden im Nachbarland Laos errichtet, noch mehr sind geplant.

In Südostasien (aber auch international) baut China seinen Einfluss durch die sogenannte Neue Seidenstraße kontinuierlich aus. China investiert dabei massiv in Infrastruktur, in Häfen, Straßen und Eisenbahnlinien, und........

© Fluter


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