„Politik Backstage“: Markus Marterbauers Himmelpforts-Kommando
Um diesen einen Satz wurde beim zweiten Anlauf für eine Türkis-Rot-Pinke Koalition in mehreren Anläufen „in Summe gut fünf Stunden“ gerungen, erinnert sich ein teilnehmender Beobachter. Es ging, wie immer am Ende bei Ehe- oder Scheidungsverträgen, ums Geld. Im Fall des Dreibunds Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger um die Frage: Was tun, wenn wir mit der eben vereinbarten milliardenschweren Spar-Mitgift doch nicht auskommen und sich das Loch in der Haushaltskasse noch viel größer als die 6,3 Milliarden (für 2025) und 8,7 Milliarden (für 2026) auftut? Schließlich war das unausgesprochen schon damals zu befürchten.
Bei der möglichen Antwort auf diese Gretchenfrage stand es kurz vor Abschluss des Koalitionsvertrages in den letzten Februartagen anfangs über Stunden 2:1. Ein Anfang, dem kein Zauber, sondern der Keim des lebensbedrohlichen Dauerzwists innewohnte. Türkis und Pink plädierten eisern dagegen, für den Fall einer neuen Hiobsbotschaft in Sachen Budgetloch das paktierte Sparpaket neu aufzuschnüren und so, wenn irgend möglich, ein Verfahren wegen „Übermäßigen Defizits“ (ÜD) durch die EU zu vermeiden.
ÖVP und Neos fürchteten für den Fall nicht primär die blaue Killerphrase „Die Regierung steht nun endgültig unter Kuratel von Brüssel“. Denn im Status des Defizitsünders muss der Finanzminister alle Maßnahmen beim Vollzug des Staatshaushalts vierteljährlich mit der EU-Kommission abstimmen. Türkis-Pink fürchteten vielmehr, dies werde unweigerlich die Kredit-Zinsen für den Staat aber vor allem für die Wirtschaft verteuern, weil die Finanzmärkte generell ein schärferes Auge auf die Bonität in Österreich legen würden.
Das rote Drittel im Aufgebot für die Dreierkoalition hielt ebenso eisern dagegen: Ein zusätzliches Sparpaket würde die Chancen für einen Restart der Konjunktur in einer bereits mehr als zwei Jahre bleiernen Rezessionsphase massiv beschweren.
Die Folge war ein stundenlanges Ringen um ein prima vista vollkommen harmloses Füllwort in einem einzigen Satz. Das Team Stocker & Meinl-Reisinger bot folgende Formulierung an, um das gemeinsame Bekenntnis zum paktieren Sparpaket und gegen ein ÜD-Verfahren so im Koalitionspakt zu verankern: „Uns eint das Ziel, ein Defizitverfahren jedenfalls zu verhindern, dafür haben wir ein Maßnahmenpaket von mehr als 6,4 Milliarden Euro für 2025 und 8,7 Milliarden für 2026 vorgesehen.“
Damit, so Türkis-Pink, würde man ein grundsätzliches Bekenntnis gegen ein ÜD-Verfahren vereinbaren, lasse aber – mit dem Verweis auf das bereits paktierte Sparpaket – die Möglichkeit offen, sich doch – wenn alle Milliardenstricke reißen – ohne beidseitigen Gesichtsverlust einem Defizitverfahren zu unterwerfen.
Njet, hieß es seitens Rot. Mit „jedenfalls verhindern“ würde die SPÖ implizit einem zusätzlichen Sparpaket zur Vermeidung des Defizitverfahrens ohne Wenn und Aber zustimmen. Sorry, no way.
Im Koalitionsvertrag findet sich daher auf Seite 15 ein Kompromiss, in dem das plötzlich höchst bedeutungsschwangere Füllwort von der siebenten Stelle des Satzes an die dritte gerückt wurde und damit endgültig grünes Licht für Türkis-Rot-Pink angefacht werden konnte: „Uns eint jedenfalls das Ziel, ein Defizitverfahren zu verhindern, dafür haben wir ein Maßnahmenpaket von mehr als 6,4 Milliarden Euro für 2025 und 8,7 Milliarden für 2026 vorgesehen.“
Anfang dieser Woche räsonierte ein teilnehmender Beobachter des stundenlangen Feilschens........
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